Wasserstofftankstellen für alle

OMV Wasserstofftankstelle
OMV Wasserstofftankstelle(c) OMV (OMV)
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Alternative Antriebsstoffe. Wasserstoff als Treibstoff gilt als Zukunftshoffnung. Die weltweit ersten serienmäßig gefertigten Tankstellen kommen aus Österreich.

Diesmal macht es Österreich anders. Ganz im Gegensatz zur Verspätung bei „Tankstellen“ für Elektroautos ist die Alpenrepublik in Bezug auf den nächsten Trend eher Vorreiter als Nachzügler.

Die OMV beobachtet gespannt, dass die ersten Kraftfahrzeuge mit Brennstoffzelle nächstes Jahr auf den Markt kommen sollen. Der FCV-R des japanischen Herstellers Toyota feiert Premiere, während der südkoreanische Konkurrent Hyundai seinen in kleiner Stückzahl schon produzierten ix35 Fuel Cell in Serie schicken will. Und Mercedes, Nissan und Ford versprechen, wie „Die Presse“ bereits berichtete, für 2017 ein gemeinsames Fahrzeug mit Brennstoffzelle „in großer Auflage“.

Die OMV, die Wasserstoff als eine der aussichtsreichsten Treibstofftechnologien der Zukunft betrachtet, baut Tankstellen für diese Fahrzeuge. Die erste wurde 2012 in Wien Floridsdorf eröffnet, noch heuer soll eine im Raum Innsbruck in Betrieb gehen. Wohlgemerkt: Es geht um öffentliche Tankstellen, denn andere – etwa für die Forschung – gibt es schon.

Öffentliche Tankstellen

Linde-Gas, einer der OMV-Partner, bietet seinen Kunden bereits heute Komplettlösungen für – nicht öffentliche – Wasserstofftankstellen an. Bisher wurden etwas mehr als hundert Projekte in 15 Ländern entwickelt und installiert. Dabei kann die Tankstelle direkt an die Produktion angeschlossen sein oder auch aus einem Speichertank gespeist werden. Linde bietet Einrichtungen sowohl für gasförmigen (bei 350 oder 700 bar Druck) als auch für flüssigen Wasserstoff (bei minus 254 Grad Celsius) an.

Wasserstofftankstellen sind also nicht ganz neu, sehr wohl aber als öffentliche Einrichtungen. Die OMV baut gerade an der Infrastruktur für die weltweit erste Serienfertigung von Wasserstofftankstellen. Diese soll auch in Deutschland genutzt werden, wo die OMV an der „Initiative H2 Mobilität“ beteiligt ist. Diese sieht vor, in den nächsten neun Jahren rund 400 öffentliche Wasserstofftankstellen zu eröffnen – möglicherweise „made in Austria“.

„Mit der Forschung an neuen Technologien stellen wir uns den Herausforderungen des Klimawandels“, sagt OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss. Als Voraussetzung für den „Brückenschlag zwischen der Gegenwart und den Klimazielen der Europäischen Union“ bezeichnet er marktfähige Lösungen, bei denen zumindest zwei Kriterien günstiger sind als bei E-Autos: Die Reichweiten entsprechen jenen der herkömmlichen Benzin- oder Dieselfahrzeugen und die Tankstopps sind ähnlich kurz.

Schon heute produziert die Raffinerie Schwechat jährlich rund 100.000 Tonnen Wasserstoff. Allerdings wird dafür derzeit Erdgas verwendet. Durch die Brennstoffzelle lässt sich die Emission von Kohlendioxid im Vergleich zur Gewinnung aus fossiler Produktion um fast die Hälfte reduzieren. Deshalb stehen laut Roiss im OMV-Forschungsbudget etwa 20 Millionen Euro als Sockelbetrag für die Wasserstoffentwicklung bereit.

Neue Projekte sehen die weitere Abkehr von fossilen Brennstoffen vor. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Power to Gas“ arbeitet die OMV gemeinsam mit Partnern an besseren Nutzungsmöglichkeiten für Strom aus erneuerbaren Energien.

Strom aus Windrädern

Kernpunkt der neuen Forschungsarbeiten ist die Umwandlung von Windenergie in Wasserstoff. Dieses Verfahren mit der Bezeichnung „wind2hydrogen“ wird im Rahmen der vierten Ausschreibung zum Projekt „e!Mission.at“ des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie gefördert. Das Prinzip: Der durch Windräder gewonnene Strom wird für die Elektrolyse von Wasser, also die Trennung in Wasserstoff und Sauerstoff, genutzt.

Schon in der „Welt der Physik“ stand 2010 zu lesen, in Stuttgart sei eine Methode entwickelt worden, „Strom aus erneuerbaren Energien in synthetisches Erdgas (auch erneuerbares Methan, Windgas oder Solargas genannt) umzuwandeln“. Dazu werde mit regenerativem Strom Wasser über eine Elektrolyse in seine Bestandteile, Wasserstoff und Sauerstoff, gespalten, der Wasserstoff mit Kohlendioxid in einer thermochemischen Synthese zu Methan umgewandelt. So war die Speicher- und Transportfrage lösbar.

Heute geht man eher davon aus, dass der Wasserstoff direkt gespeichert, transportiert und als Energiequelle eingesetzt werden kann. Die neue, in zahlreichen Projekten erforschte Technologie soll ein Verfahren ablösen, das bis vor wenigen Jahren als das einzige gegolten hat: Mithilfe der Dampfreformierung wird aus den Kohlenwasserstoffverbindungen fossiler Treibstoffe Wasserstoff abgespalten. Dabei wird jedoch Kohlendioxid freigesetzt, was bei der Gewinnung aus erneuerbaren Quellen nicht der Fall ist.

Bei On-Site-Versorgungssystemen nutzt man die bestehende Erdgas- oder Strominfrastruktur, um Wasserstoff direkt am Verbrauchsort herzustellen. Dafür können zwar auch kleine Dampfreformer eingesetzt werden, die aus Erdgas Wasserstoff erzeugen. Aber zukunftsträchtiger sind Elektrolyseure, die aus Wasser und elektrischem Strom den Wasserstoff generieren.

LEXIKON

Wasserstoff ist in seinem natürlichen Zustand gasförmig und geruchlos, hat eine einfache Struktur aus einem Proton und einem Elektron. Im Weltall besteht 90 Prozent aller Materie aus Wasserstoff. Auf der Erdoberfläche ist es das dritthäufigste Element: nicht nur in Wasser, sondern in allen organischen Substanzen enthalten. Wird es verbrannt, entstehen nur Wasser und Wärme. Aber dank seiner hohen Energiedichte sehr viel Wärme: In einem Kilogramm Wasserstoff steckt dreimal so viel Energie wie in einem Kilogramm Erdöl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2014)

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