Jerusalem: Stein für Kaiser Hadrian entdeckt

Shmulik Freireich, a worker for IAA, demonstrates the cleaning of an ancient Latin inscription engraved on a stone, displayed in Jerusalem
Shmulik Freireich, a worker for IAA, demonstrates the cleaning of an ancient Latin inscription engraved on a stone, displayed in Jerusalem(c) REUTERS
  • Drucken

Aus dem Jahr 130 stammt ein Gedenkstein mit sechs Zeilen lateinischer Inschrift.

Im Jahr 70 n.Chr. wurde nach einem Aufstand der Juden gegen die römischen Besatzer der Tempel von Jerusalem zerstört. 62 Jahre später begann der Bar-Kochba-Aufstand gegen das Römische Reich, er wurde 135 n.Chr. niedergeschlagen, die Juden wurden aus Jerusalem vertrieben, in die Diaspora gezwungen. Auf den Ruinen Jerusalems wurde die römische Stadt Aelia Capitolina erbaut, an der Stelle des Tempels ein Jupiter-Tempel.

Oder wurde dieser Tempel bereits vor dem Aufstand gebaut? War dieser Affront gegen die religiöse und historische Tradition der Juden – und nicht primär das von Kaiser Hadrian (76 bis 138 n.Chr.) verordnete Beschneidungsverbot – der Auslöser des Aufstands? Das behauptete der römische Geschichtsschreiber Lucius Cassius Dio, der freilich lange nach den Ereignissen lebte (von 163 bis 229).

Gewidmet von der zehnten Legion

Der eine Tonne wiegende Gedenkstein, dessen zweiter Teil in der Nähe des Damaskustors (einer der acht Zugänge in die Jerusalemer Altstadt) gefunden und der am Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert wurde, könnte in dieser Frage zum steinernen Zeitzeugen werden. Die sechs in den weißen Hartkalkstein eingravierten Zeilen sind Kaiser Hadrian (Imperator Caesar Traianus Hadrianus Augustus) gewidmet – von der Legio X Fretensis, die Jerusalem nach der Niederschlagung des jüdischen Aufstands des Jahres 70 als Garnisonsstadt hatte. Sie benennen Hadrian u.a. als Sohn des vergöttlichten Trajan, als Enkel des vergöttlichten Nerva, als Pontifex Maximus, als Konsul zum dritten Mal, als Landesvater (Pater patriae).

Geschrieben wurden diese Zeilen 129/130 n.Chr., sagen Rina Avner und Hannah Cotton von der Hebräischen Universität, damals hat Hadrian offenbar Jerusalem besucht. Der Fund belege, „dass in der Stadt zwei Jahre vor dem Bar-Kochba-Aufstand eine römische Bautätigkeit mit offiziellen Gebäuden bestand“.

Der Gedenkstein – dessen zweite Hälfte schon im 19.Jahrhundert gefunden wurde – gehörte wahrscheinlich zu einem Eingangsportal oder einer Säule. Später wurde er für die Umfassung einer tiefen Zisterne verwendet und dafür zurechtgeschnitten. Solches Recycling von Baumaterial war in der Antike genauso üblich wie heute, erklärt Avner. (APA/tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.