Woran erkranken Astronauten?

NASA astronaut Reid Wiseman checks his spacesuit in preparation for the first Expedition 41 spacewalk
NASA astronaut Reid Wiseman checks his spacesuit in preparation for the first Expedition 41 spacewalk(c) REUTERS
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Die Schwerelosigkeit im Weltraum bringt den Körper durcheinander. Dazu kommen Schlafstörungen und Muskelschwund.

Wer länger auf dem Kopf steht, spürt einen großen Druck im Kopf. Ähnliches passiert mit Astronauten: Durch die Schwerelosigkeit verschieben sich die Flüssigkeiten im Körper. Die Folge: die sogenannte Space Sickness, an der fast jeder Mensch im All zunächst leidet. Symptome sind Schwindel, Übelkeit, Brechreiz und Kopfschmerzen. „Im Weltraum muss der Körper die Regelung des Blutdrucks neu ausrichten“, sagt Andreas Rössler vom Institut für Physiologie der Med-Uni Graz. „Der Körper ist in einem Ausnahmezustand, an den er sich erst langsam anpasst.“

Auch die Sinnesorgane geraten durcheinander: An den feinen Haaren im Innenohr sitzen kleine Steinchen, die – ähnlich wie das Lot eines Maurers – auf die Schwerkraft reagieren. Fehlt diese, sind sie irritiert. „Ein großer Schritt in der Evolution des Menschen war das aufrechte Gehen. Daran sind heute alle Systeme angepasst. Fehlt es, funktionieren sie nicht mehr“, so Rössler, Mitglied der Forschungsgruppe Weltraummedizin seiner Uni. Nach einigen Tagen gewöhnt sich der Körper aber meist an den neuen Zustand.

Um die Folgen eines Raumflugs und damit längerer körperlicher Inaktivität zu simulieren, gibt es sogenannte Bed-Rest-Studien, bei denen Versuchspersonen über einen längeren Zeitraum liegen müssen. Der Schwerpunkt der Forschung liegt heute aber weniger auf medizinischen Themen. Vielmehr gehe es darum zu untersuchen, wie Menschen mit Isolation und Einsamkeit zurechtkommen, so Rössler. Ein großes Problem sind Schlafstörungen, an denen aber nicht unbedingt die Psyche schuld sein muss: „Astronauten kreisen mitunter alle 90 Minuten um die Erde und durchqueren dabei ständig verschiedene Helligkeitszonen. Dadurch ist der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört.“

Arzneikoffer für das Weltall

Wer sich wenig bewegt, bekommt aber auch Muskelschwund, in der Folge schwinden die Knochen. „Ein Astronaut leidet in einem Monat an einem so starken Knochenschwund wie eine Frau in der Menopause in einem ganzen Jahr“, sagt Rössler. Für Astronauten wurden daher spezielle Trainingsgeräte für den Weltraum entwickelt. Gegen den Knochenschwund gibt es Vitamin D3, das sie ins All mitnehmen. Und auch Mittel gegen Übelkeit und Schlaflosigkeit gehören zur Basisausstattung eines Arzneikoffers fürs All.

Kommt der Raumfahrer zurück auf die Erde, braucht der Körper allerdings auch wieder eine gewisse Zeit, um sich umzustellen: Dann bekommen die Astronauten einen Kreislaufkollaps. (gral)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2014)

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