Dual Career Service: Kann ich meinen Mann mitbringen?

(c) Michaela Bruckberger
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Für Wissenschaftler ist es nicht leicht, einen Job in einer neuen Stadt anzunehmen, wenn nicht für Partner und Familie gesorgt ist. Angebote der Unis sollen helfen.

Das Ehepaar May-Britt und Edvard Moser aus Norwegen erhielt heuer gemeinsam den Nobelpreis für Medizin, schon Marie Curie forschte mit ihrem Mann Pierre. Wie in allen Branchen gibt es auch in der Wissenschaft Paare, die sich über den Beruf kennen lernen. Kaum jemand lebt von Inskription bis Emeritierung an demselben Ort. Gerade in der Wissenschaft wird Mobilität verlangt, man schickt Bewerbungen in die ganze Welt. Was aber, wenn einer der beiden die Traumstelle in einem anderen Land bekommt? Zieht der Partner mit, oder versucht man eine Fernbeziehung?

„Heute wollen Wissenschaftler Karriere machen und gleichzeitig ihre Partnerschaft leben“, sagt Katrin Gutiérrez-Lobos, Vizerektorin für Lehre, Gender und Diversity der Med-Uni Wien, die das Dual Career Service für Wien, Niederösterreich und Oberösterreich mit initiiert hat. Solche Anlaufstellen sind an US-Universitäten Standard, auch die Schweiz bietet es seit 20 Jahren an: Dual Career Services helfen neu berufenen Professoren, für den Partner auch eine Arbeitsstelle zu finden. Dual Career Couples nennt man Paare, in denen beide eine Karriere anstreben.

Nur selten finden zwei Forscher eine Stelle an der gleichen Institution, wie dies beim deutschen Zellbiologen Michael Sixt und Evolutionsbiologin Sylvia Cremer-Sixt am IST Austria in Klosterneuburg klappte oder an der Uni Wien für die Ökogenetikerin Christa Schleper und ihren Mann Ulrich Technau, Entwicklungsbiologe.

Früher haftete Doppelberufungen der Hauch von Vetternwirtschaft an, doch mit dem zunehmenden Bewusstsein für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ändert sich das.

Globaler Talentewettbewerb

„Es liegt im Interesse der Hochschulen, dass sich neue Wissenschaftler möglichst rasch ihrer eigentlichen Arbeit widmen können. Ohne Dual-Career-Angebote ist eine international rekrutierende Institution kaum konkurrenzfähig im globalen Talentewettbewerb“, sagt Ewa Vesely, Leiterin des Dual Career Advice an der TU Wien.

Ihr Pilotfall war der deutsche Umwelttechniker Jörg Krampe, der bei den Berufungsverhandlungen an der TU Wien gezielt nach so einem Service fragte, um den Umzug aus Australien für seine Familie besser planen zu können. „Wir wollen, dass sich die neuen Mitarbeiter und ihre Partner hier wohlfühlen, sonst sind sie schnell wieder weg.“ Die Uni würde nicht nur die investierten Ressourcen der Neuberufung verlieren, sondern auch ihren Ruf riskieren, wenn sich in der wissenschaftlichen Community herumspricht, dass Menschen mit Familie es hier schwer haben. Genug hervorragende Wissenschaftler hätten sich bereits gegen eine Stelle in Österreich entschieden, weil es keinen passenden Job für den Partner oder keine passende Schule für die Kinder gab.

Bei der Tagung über Dual Career Services vergangene Woche in Wien wurde betont, wie hilfreich die Anlaufstellen besonders für Frauen in der Wissenschaft sind: Sie sollen nicht als überqualifizierte Sekretärin oder Labormitarbeiterin irgendeinen Job bekommen, bzw. als „Anhängsel“ der Männer gesehen werden.

Zwei Drittel der Fälle, die Dual Career Services bearbeiten, sind Frauen, die wegen des Jobs ihres Mannes in der neuen Stadt eine Arbeitsstelle suchen. Viel seltener ist es die Frau, die für eine neue Stelle nach Österreich zieht und ihren Partner mitnimmt.

„Frauen machen die Entscheidung für einen Job viel stärker davon abhängig, ob der Mann und die Familie mitkommen können“, sagt Armanda Pilinger von der TU Graz. Das Service ist also relevant, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen – besonders bei technischen Unis. Inzwischen weitete die TU Wien ihr Angebot auf Doktoranden und Postdocs aus.

Auch Wohnung und Visum

In der Steiermark gibt es das Dual Career Service der fünf Universitäten bereits seit 2010. Bisher wurden 150 Paare betreut: „Manchen ist mit Informationen per E-Mail geholfen, andere treffen wir wöchentlich zur intensiven Betreuung“, sagt Pilinger. Neben Jobfragen für die Partner lösen die Dual-Career-Mitarbeiterinnen auch Probleme bei der Wohungssuche, Visum- und Einreisebestimmungen, Arbeitsbewilligungen, Anerkennung ausländischer Ausbildungen und Pensionsfragen.

„In Graz gibt es nicht viele Möglichkeiten für Schüler, die aus internationalem Umfeld kommen: Da können wir keine Garantien für bestimmte Schulplätze abgeben“, sagt die neue Rektorin der Kunst-Uni Graz, Elisabeth Freismuth. Auch bei den Betreuungsplätzen für unter Dreijährige stößt man schnell an die Grenzen. Doch versucht wird alles: Sei es, eine Schule zu finden, an der Mann einer Uni-Mitarbeiterin unterrichten kann, oder eine barrierefreie Wohnung für eine neu berufene Professorin, die ihre pflegebedürftige Mutter mit nach Österreich nimmt.

Warum gerade Hochschulen ihren – ohnehin privilegierten – Mitarbeitern so ein Wohlfühlservice anbieten? Gutiérrez-Lobos: „Universitäten haben eine gesellschaftliche Vorreiterrolle: Selbstverständlich kann dieses Modell der aktiven Willkommenskultur auf andere Bereiche umgelegt werden: Politik, bitte nachmachen!“

LEXIKON

Das erste Dual-Career-Angebot gab es in Österreich 2009 am IST Austria in Klosterneuburg. 2010 bildeten die fünf steirischen Unis ein Netzwerk für Dual Career Services: An der Uni Graz, Med-Uni Graz, TU Graz, Kunstuni Graz und Montanuni Leoben sind die einzelnen Dual-Career-Büros meist in der Personalentwicklung oder dem Büro für Gleichstellung angesiedelt. Zwölf Unis in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich erhielten erst heuer ein Dual-Career-Netzwerk: Initiiert von der Universitätenkonferenz (Uniko), unterstützt vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds WWTF.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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