Medizin: Wie Moskitos der Trockenheit trotzen

FILE KENYA MALARIA
FILE KENYA MALARIA(c) EPA (STEPHEN MORRISON)
  • Drucken

Das rätselhafte Verhalten der Überträger der Malaria im Sahel ist nach hundert Jahren ein wenig geklärt.

Als im Februar 2012 aus einem Flugzeug, das in Bamako, der Hauptstadt Malis, gelandet war, die Schäferhündin Dana ausstieg – zusammen mit ihrem Trainer Sapir Weiss –, nahm das Wachpersonal die Gewehre in Anschlag. So einen Hund hatte man in Mali noch nicht gesehen, dort gab es nur kleine Mischlinge, obendrein kam Dana eben zusammen mit den Passagieren und trug einen Gürtel, der durchaus auch mit Sprengstoff gefüllt sein hätte können.

Für Weiss hatte dieser Verdacht einige Ironie, er hatte früher Antiterror-Hunde in Israel ausgebildet. Und nun war er den weiten Weg aus den USA nach Mali gekommen, um einem anderen Übel abzuhelfen, der Malaria. Die konnte zwar in den letzten Jahren zurückgedrängt werden, sie fordert aber immer noch 600.000 Opfer pro Jahr, vor allem im Afrika südlich der Sahara, und zwar auch in dem ganz knapp südlich der Sahara, im Sahel, in dem es das halbe Jahr staubtrocken ist. Die Moskitos, die die Malaria übertragen, brauchen aber Wasser.

Und sie sind rasch da, wenn es endlich regnet. Wo kommen sie her? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder sie verstecken sich in der Region, oder sie kommen von weit. Dana und ihr Herr gingen der ersten Spur nach. Aber wie? Moskitos riechen nicht, man kann keine feine Hundenase auf sie trainieren. Aber auf Vetiver kann man sie trainieren, das ist ein stark duftendes Süßgras, mit Extrakten aus ihm hatte man in der Regenzeit Moskitos bestrichen. Im Test entging Dana auch kein Vetiverduft, in Mali schlug sie aber dann kaum an. Ebenso erfolglos blieben andere Forscher, die mit Ballons hoch in den Lüften nach Moskitos Ausschau hielten, sie fanden zwar welche noch in 160 Meter Höhe, aber Schwärme wurden nicht gesichtet.

So blieb das tödliche Rätsel ungelöst, seit fast hundert Jahren ist es das, viele Forscher haben schon resigniert. Einer bleibt zäh, Tovi Lehmann von der US-Gesundheitsbehörde NIH: Er mobilisiert Geld, er stand hinter der Aktion Dana, und er selbst hat fünf Jahre lang in Mali in Häusern Moskitos gefangen, zu allen Jahreszeiten, insgesamt 40.195. Dann ging er in die Details, es gibt drei eng verwandte Unterarten, die sich auch mischen, aber über das Jahr ganz verschiedene Verteilungsmuster haben: Zwei von ihnen, Anopheles gambiae und Anopheles arabiensis, taucht nur in der Regenzeit auf, und zwar erst zwei Monate nach deren Beginn, sie kommen von irgendwo weit her.

„Paradox der Trockenzeit“ gelöst

Die dritte hingegen, Anopheles coluzzii, ist zwar mit A.arabiensis aufs Engste verwandt, führt aber ein anderes Leben, sie ist immer da, auch in der Trockenzeit, in kleinen Populationen. Sie hat irgendeinen Trick erfunden, eine Ästivation einzulegen – eine Sommerpause, in der die Entwicklung unterbrochen wird und der Stoffwechsel fast zum Erliegen kommt – und mit ihr der Trockenheit zu trotzen („Nature“, 26.11.). Diese Strategie ist die erfolgreichste, A.coluzzii verbreitet die Malaria in Mali am verheerendsten. „Damit ist das ,Paradox der Trockenzeit‘ gelöst“, schließt Lehmann und regt nicht nur eine neue Suche nach den Verstecken an, sondern auch eine neue Bekämpfungsstrategie: Man möge auch in der Trockenzeit in Häusern Gift spritzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.