Hightech für Traktor und Acker

Forschung am Feld: Hier untersuchen Wissenschaftler, wie gut der elektrisch angetriebene Mähaufbereiter Gras trocknet.
Forschung am Feld: Hier untersuchen Wissenschaftler, wie gut der elektrisch angetriebene Mähaufbereiter Gras trocknet.
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Mit elektrischen Antrieben lassen sich landwirtschaftliche Maschinen präziser steuern. In einem großen Projekt wurden auch Materialien gesucht, die wenig verschleißen.

Die Menschen denken bei Hightech an Raumfahrt, Rennsport oder IT. Doch auch die Landwirtschaft ist mittlerweile hochtechnologisch“, sagt Heinrich Prankl vom Josephinum Research in Wieselburg. Er leitete das vierjährige K-Projekt Future Farm Technology (FFT), das im Sommer 2014 abgeschlossen wurde. Darin haben sich 19 Partner aus Wissenschaft und Industrie zusammengetan, um eine neue Plattform zu etablieren. Moderne Ideen und Technologien der Landwirtschaft werden dort gemeinsam bearbeitet.

Ein großer Bereich war die Agro-Mechatronik, also mechanisch-elektronische Entwicklungen für die Landwirtschaft. „Ein Beispiel ist, dass wir elektrische Antriebe in die Technik, die Traktoren mit sich führen, integrieren wollen“, erklärt Prankl. Man müsse sich vorstellen, dass ein Traktor wie ein normales Auto von Diesel angetrieben wird und die Geräte, die der Traktor übers Feld zieht, auch von dem Dieselmotor mechanisch oder hydraulisch – also mit einem Ölmotor – betrieben werden.

Doch Steckdose gibt es am Traktor keine. Die Tüftler von Future Farm Technology entwickelten gemeinsam mit Forschern der TU Wien einen Generator, der große Stromspannungen erzeugen kann. Der Generator ist vorn an der Traktorschnauze montiert, wird über die Front-Zapfwelle angetrieben und liefert in vier Steckdosen Strom. Sowohl die „normalen“ 230 Volt sind möglich, wie auch ein Starkstromanschluss mit 750 Volt.

Steckdose am Traktor

Mit einer leistungsfähigen Steckdose am Traktor könnten in Zukunft moderne Maschinen und Geräte, wie etwa Sämaschinen oder Düngerstreuer, betrieben werden. Durch elektrische Energie lassen sich die Antriebe dieser Maschinen sehr feinfühlig regeln. Das erhöht die Qualität und Effizienz der Arbeit des Landwirtes.

Im Future-Farm-Technology-Projekt wurde zum Beispiel ein elektrischer Antrieb für einen Mähaufbereiter eines Mähwerks entwickelt. Ein Mähaufbereiter wird eingesetzt, damit das Gras beim Mähen schneller abtrocknet. „Die Drehzahl kann mit dem integrierten elektrischen Antrieb geregelt werden, wodurch die Effizienz erhöht wird“, so Prankl.

„Auch die Düngerstreuung kann mit elektrischen Antrieben eleganter gelöst werden“, sagt Prankl. Die Streuscheiben am unteren Ende des Behälters, der den Dünger enthält, werden derzeit mechanisch oder über die Hydraulik angetrieben. Ein Elektromotor könnte die Streuscheiben präziser steuern, damit die Düngermenge je nach Beschaffenheit des Feldes exakt angepasst werden kann.

Ob Elektromotoren in Zukunft den Dieselmotor der Traktoren ganz ersetzen werden, bezweifelt Prankl. „Aber Hybridsysteme sind gut vorstellbar.“

Kleine Geräte mit elektrischem Antrieb sind aber heute schon möglich. So entwickelten die Forscher im K-Projekt einen Prototyp für einen ferngesteuerten Geräteträger, der etwa die Größe eines Rasentraktors hat. Das mit einer Allradlenkung ausgestattete, wendige Fahrzeug kann steile Hänge oder andere gefährliche Stellen erreichen, die für Traktorlenker ein Sicherheitsrisiko darstellen. Gelenkt wird über eine professionelle Fernsteuerung. Das gefinkelte Gerät kann mähen, Rasen fräsen oder was sonst an der gefährlichen Stelle eben zu tun ist. Die Lenkung der einzelnen Achsen wurde am Josephinum entworfen, die technische Steuerung entwickelte das Kompetenzzentrum für Mechatronik, das LCM in Linz.

Ohne Fernsteuerung fahren

„In Zukunft könnte das Gerät auch allein fahren, wenn man das weiterentwickelt: ohne menschliche Fernsteuerung autonom“, so Prankl. Er berichtet auch von internationalen Entwicklungen, die es bereits ermöglichen, ganze Traktoren auf dem Feld autonom fahren zu lassen: „Doch aus Sicherheitsgründen sitzt doch noch ein Mensch am Steuer.“

Ein weiteres Problem der Landwirte, das man im Projekt Future Farm Technology lösen wollte, betrifft die Fahrzeugschwingungen: „Wenn ein Traktor über unebenes Gelände fährt, wird man relativ unsanft durchgeschüttelt“, sagt Prankl. Zusätzlich zur normalen Sitzfederung entwarfen die Partner an der Johannes-Kepler-Universität in Linz eine Kabinenfederung, die elektronisch gesteuert ist und grobe Stöße durch eine innovative Regelung abfangen kann. „Diese gute technische Lösung ist verhältnismäßig kostengünstig“, erklärt Prankl.

Um Kostenersparnis ging es auch im zweiten großen Bereich der Forschungen: Materialtechnologie. Klar, dass bei der Arbeit auf dem Acker und dem Kontakt mit Steinen und Erde die Materialien der Bodenbearbeitungsmaschinen schnell verschleißen. Wer Verschleiß verhindert, kann Kosten für Reparatur und Wartung sparen.

„In Zusammenarbeit mit der FH Wels und dem Kompetenzzentrum für Tribologie, AC2T, in Wiener Neustadt untersuchen und optimieren wir neue Materialien, die zwar teurer bei der Herstellung sind, sich aber schnell wirtschaftlich rentieren, da der Verschleiß stark reduziert wird“, sagt Prankl.

Intelligenter Verschleiß

Das Geheimnis liegt in „intelligenten Verschleiß-Schichten“, die einen optimalen Kompromiss zwischen Elastizität und Schneidfestigkeit des Materials gewährleisten.

Drittens entwickelte das Forscherteam auch neue Untersuchungsmethoden zur Qualitätsbeurteilung in der Bodenbearbeitung. Wenn zum Beispiel ein Landwirt das Feld mit Werkzeugen bearbeitet, muss möglichst schnell festgestellt werden, wie „rau“ der Boden ist: Sind kleine oder grobe Brocken vorhanden?

„Die Feinheit des Saatbetts ist mit freiem Auge oft schwer zu beurteilen. Wir haben einen Stereo-Scanner entworfen, der das Relief dreidimensional erfassen kann und so die Rauigkeit der Oberfläche exakt ermittelt“, sagt Prankl, der hofft, dass heimische Landwirtschaftstechnologie durch die neuen Errungenschaften auch international konkurrenzfähig bleibt.

LEXIKON

Future Farm Technology war ein K-Projekt, das über vier Jahre mit insgesamt 3,16 Millionen Euro im Comet-Programm gefördert wurde. Dieses Programm des Wissenschafts- und des Technologieministeriums stärkt die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie.

Das Josephinum Research leitete das Projekt. Die Forschungsstelle ist eine Einrichtung an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt (HBLFA) Francisco Josephinum in Wieselburg. Josephinum Research forscht in enger Zusammenarbeit mit der BLT in Wieselburg, der Forschungs- und Prüfstelle für Landmaschinen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2014)

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