Das Licht, der Motten und der Fledermäuse Tod

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Universum(c) ORF (Hans Christoph Kappel)
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Die um sich greifende „Light Pollution“ schaltet die Vorsicht der Nachtfalter aus, sie werden leichte Beute. Aber ihre Jäger werden es auch, sie geraten in die Augen bzw. Schnäbel von Raubvögeln.

Manche Tiere scheuen das nächtliche Licht – Mäuse etwa oder Kakerlaken verschwinden dann blitzschnell –, andere suchen es und gehen darin zugrunde, die Motten etwa tun es, sie sind zur Metapher dafür geworden, dass Licht so lockt, dass alle Vorsicht abhandenkommt. Bei manchen Nachtfaltern hat das den umgekehrten Grund: Sie suchen nicht das Licht, sie flüchten vor der Dunkelheit, in der droht Gefahr, die Fledermaus. Die erhob sich vor 65 Millionen Jahren in die Lüfte und in die Nacht, seitdem herrscht zwischen ihr und ihrer Beute ein Rüstungswettlauf.

Ausgetragen wird der vor allem auf dem Feld der Echolokation, der Ortung der Beute mit Schall: Fledermäuse schreien und lauschen auf die Reflexion, etwa durch Körper von Faltern. Aber die haben auch Ohren, sie machen sich aus dem Staub, manche antworten gar mit verwirrendem Gegenschall. Darauf haben die Fledermäuse mit dem Ausstrahlen anderer Frequenzen reagiert, die Falter stellten sich ein und wichen wieder aus. All das in der Dunkelheit. Und nur in ihr: Wenn es plötzlich hell ist in der Nacht – durch die allgegenwärtige Lichtverschmutzung des Menschen („Light Pollution“) –, dann nehmen die Falter das als Zeichen der Sicherheit und fahren ihr Gehör herab.

Die im Dunkeln jagt man nicht

So interpretiert zumindest Corneille Minnaar (Pretoria), was er in Südafrika beobachtet hat, an der Fledermaus Neoromicia capensis bzw. am Inhalt ihrer Mägen: Diese Fledermäuse jagen selten Falter, sondern meist anderes fliegendes Getier, aber an Orten mit hoher Lichtverschmutzung füllten sich ihre Mägen mit Faltern – sechsmal soviel wie mit anderer Beute –, obgleich dort verhältnismäßig wenige unterwegs waren.

Und dort, wo viele waren – in der Dunkelheit –, wurden wenige gefangen (Applied Ecology, 19.12.). Sie werden also im Licht zur Beute, und fette Beute sind sie ohnehin. Aber für Fledermäuse ist das nur vorderhand eine gute Botschaft, auch sie werden gejagt, von Raubvögel, und die erwischen sie im Licht.

Minnaar will seine Befunde nun weltweit überprüfen, vor allem in Europa, dort sind Fledermäuse besser erforscht. Zudem will er generell bisher übersehenen Sekundär- und Tertiäreffekten der Lichtverschmutzung nachgehen. Für seine Klientel, die Fledermäuse, fürchtet er das Schlimmste, zumindest für die, die auf Nachtfalter spezialisiert sind und diese nun häufiger und leichter in der für sie selbst gefährlichen Zone finden.

„Von unseren ersten Recherchen in der Literatur her sieht es so aus, als seien diese Arten in Europa bedroht“, fasst er gegenüber Nature News zusammen (6.2.) und appelliert an Politik und Raumplanung, in Fragen der Außenbeleuchtung nicht nur an Energie- und/oder Kohlendioxidsparen zu denken: „Der Einfluss der Lichtverschmutzung auf Ökosysteme kommt bisher zu kurz.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

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