Wenn Feinstaub und Pollen sich verbinden

Sparkling Science. Grazer Forscher untersuchen gemeinsam mit Schülern, wie sich Pollenkörner verändern, wenn städtischer Feinstaub daran haftet: Sind allergische Reaktionen dann schlimmer?

Warum nehmen Pollenallergien im urbanen Raum zu? Hängt es mit der Feinstaubbelastung in Städten zusammen? Das wollen Forscher aus Graz in Sparkling-Science-Projekten mit Schülern lösen, finanziert vom Wissenschaftsministerium. Das erste Projekt lief bis Ende Jänner und hatte zum Ziel, Pollen im Stadtgebiet von Graz zu sammeln und mit Pollen am Land zu vergleichen. „Die beteiligte Schule in Graz, das BRG Kepler, liegt an der viel befahrenen Keplerstraße mit hoher Feinstaubbelastung“, sagt Projektleiter Walter Keller vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz. Als Kontrollpunkt diente die landwirtschaftliche Fachschule Güssing im Burgenland.

An beiden Orten wurden klassische Pollenfallen verwendet. „Leider zeigte sich, dass die Methode nicht geeignet ist, um die gesammelten Pollen weiter zu analysieren. Denn in der Falle bleiben die Pollenkörner an Vaseline haften. Die Substanz verunreinigt die Pollen, sodass wir die konkrete Kontamination durch Feinstaub nicht chemisch analysieren konnten“, berichtet Keller.

Darum musste ein neuer Weg gefunden werden. Im zweiten Projekt, das seit Oktober 2014 läuft, sind nun Feinstaubsammler im Einsatz, die man von Luftgüte-Messstationen kennt. Diese sammeln Pollen und Feinstaub in Filtern, aus denen man die mikroskopischen Körnchen lösen und weiter verwenden kann. „Bisherige Studien ließen vermuten, dass Pollen, die durch Feinstaub verunreinigt sind, stärkere allergische Reaktionen auslösen“, sagt Keller. Doch in den ersten immunologischen Ergebnissen in Graz zeigte sich eine geringere Reaktion der kontaminierten Pollen mit spezifischen Antikörpern des Blutserums von Allergikern.

„Es könnte sein, dass die Feinstaub-Rußpartikel, die am Pollenkorn haften, wie Aktivkohle die freigesetzten Proteine adsorbieren und daher weniger lösliche Allergene im Extrakt sind.“ Oder der Feinstaub verändert die Molekülform der Proteine, so dass die Allergie vermittelnden Antikörper im Blut diese nicht mehr erkennen. „Das wollen wir im zweiten Projekt genau untersuchen. Die Schüler können sich entweder auf die Botanik der Pollensammlung, die Chemie der Pollen- und Feinstaub-Analyse oder die Molekularbiologie der Blutserum-Tests spezialisieren“, sagt Keller. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.