Doch keine Exoplaneten in habitablen Zonen?

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Unser Planetensystem ist anders als alle bisher sonst gesichteten. Dafür sorgte das Wandern des Jupiters.

Milliarden Planeten mit möglichem Leben gebe es in der Milchstraße, publizierte Timothy Bovaird (Canberra) letzte Woche (arXiv 1412.6230), hier stand es auch. Aber diese Woche ist alles ganz anders: „Die Mehrheit der Planeten, die der Erde ähnlich sind, sind nicht habitabel“, urteilen Konstantin Batygin (Caltech) und Greg Laughlin (UC Santa Cruz). Wie das? Beide Befunde gehen davon aus, dass das Weltraumteleskop Kepler bisher tausend Exoplaneten aufgespürt hat, plus 3000 Kandidaten.

Aber ein Planet wie die Erde war nicht dabei. Hat man nur noch keinen gesichtet, weil man Planeten nur indirekt aufspüren kann? Die Kameras von Kepler achten auf winzige Helligkeitsunterschiede, die entstehen, wenn ein Planet – aus Sicht Keplers – vorn an seinem Zentralgestirn vorbeizieht, oder auch hinten. Dabei zeigen sich vor allem große Planeten, seien sie aus Gas oder Gestein wie die Erde. Deshalb hat Bovaird auf eine elegante Rechnung zurückgegriffen, die 1776 entwickelt wurde, um aus Umlaufbahnen bekannter Planeten auf unbekannte zu schließen: Titius-Bode-Reihe. Die hat Bovaird auf 151 Kepler-Funde von Planetensystemen angewandt und auf die Milchstraße hochgerechnet, so kam er auf die Milliarden.

Nur: Die Rechnung ist ohne den Wirt gemacht, sie geht davon aus, dass alle Planetensysteme so gebaut sind wie unseres. Dagegen sprechen alle Funde von Kepler: Über die Hälfte der Zentralgestirne haben (oft mehrere) „Supererden“ als Planeten, die haben ein Mehrfaches der Masse der Erde – der bisher kleinste hat vier Erdmassen –, und sie sind extrem nahe an ihren Sternen, umrunden sie in Tagen bis Monaten. Sie sind also auch extrem heiß, nicht in der habitablen Zone, in der es flüssiges Wasser geben kann.

Das dreht die Frage um: Offenbar ist unser Planetensystem die Ausnahme. Warum? Warum ist die Erde so klein und der Mars noch kleiner? Dafür gibt es seit 2011 eine Hypothese, die von der großen Umkehr: „Grand Tack“ (Nature 475, S. 206). Sie sollte erklären warum der Mars kleiner ist als die Erde, obwohl er weiter draußen ist, wo er mehr Material hätte einsammeln müssen. Dafür sorgte laut Grand Tack der Jupiter, der sehr früh entstand, 3,5 astronomische Einheiten (AE) von der Sonne weg (Erde: 1 AE).

„Grand Tack“ war auch „Grand Attack“

Durch den noch vielen Staub der protoplanetaren Scheibe wurde Jupiter abgebremst und zur Sonne gezogen, auf etwa 1,5 AE. Dort kehrte sich alles um, weil nach Jupiter Saturn entstanden war, auch nach innen wanderte und mit Jupiter in eine Resonanz geriet, die beide wieder von der Sonne wegtrieb, Jupiter in seine heutige Bahn, 5,2 AE. Dabei schlug er auf der heutigen Bahn des Mars – 1,5 AE – alles kurz und klein bzw. brachte es auf kollidierende Bahnen, seien es entstehende Planeten gewesen oder fertige, Supererden etwa. Erst als Jupiter weg war, konnten sich etwa 200 Millionen Jahre später aus dem wenigen verbliebenen Material neue Planeten bilden, kleine, Venus, Erde, Mars (Pnas, 23. 3.).

Ob es derartige Sonderwege auch bei anderen Systemen gegeben hat, ist unklar, von den bisherigen Beobachtungen deutet wenig darauf, Gasriesen wie Jupiter sind eher selten: „Jupiters Grand Tack war wohl auch eine Grand Attack auf das ursprüngliche innere Sonnensystem“, schließt Laughlin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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