Muskeltraining schützt vor Chromosomenschäden

Lenker eines Fahrrades
Lenker eines Fahrrades(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
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Sportwissenschaften. Es zahlt sich auch im Alter aus, sich fit zu halten. Das zeigten Wiener Forscher in einer Studie mit 120 Freiwilligen aus Wiener Pensionistenwohnhäusern. Der älteste Teilnehmer war 98 Jahre alt.

Wer aktiv ist, bleibt eher gesund. Dass das genauso für ältere Menschen gilt, belegten kürzlich Wiener Ernährungs- und Sportwissenschaftler gemeinsam mit Molekularbiologen. Sie baten dazu einen Teil der Versuchspersonen in den Turnsaal. Mit nachhaltigem Erfolg für die Teilnehmer: Denn wer trainierte, wies schon nach sechs Monaten weit geringere Chromosomenschäden auf, als für das Alter zu erwarten gewesen wären. Solche Schäden sind für Krankheiten wie Diabetes oder Krebs verantwortlich.

Die Wissenschaftler der Forschungsplattform „Active Ageing“ untersuchten dazu ältere Personen, die ihr Leben eigenständig gestalten. „Ziel war zu sehen, was eine Änderung des Lebensstils bringen kann“, sagt Leiter Karl-Heinz Wagner vom Department für Ernährungswissenschaften der Uni Wien.

Gesucht und gefunden wurden die Versuchspersonen in Pensionistenwohnhäusern: Der älteste Teilnehmer war 98 Jahre alt, die jüngste Teilnehmerin 65 Jahre. „Das ist damit eine der ersten Studien weltweit an so alten Menschen“, sagt Wagner. Das Langzeitprojekt lief insgesamt über 18 Monate, alle sechs Monate wurden die Bedingungen ein Stück weit verändert.

Die Freiwilligen wurden zunächst in drei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe trainierte zweimal in der Woche mit Therabändern. Dabei wurden die Anforderungen nach und nach erhöht. „Das ist wichtig für die Erhaltung der Muskeln und für einen möglichen Muskelaufbau“, so Wagner. Denn Muskelmasse und auch Kraft nehmen mit zunehmendem Alter ab. Zunächst trainierten Dissertanten des Instituts für Sportwissenschaft mit den Pensionisten. Zum Schluss turnten sie selbstständig.

Memory für die Forschung

Eine weitere Gruppe trainierte ebenfalls, nahm aber zusätzlich Nahrungsergänzungsmittel wie die Vitamine D und B 12, Folsäure, lösliche Ballaststoffe und Aminosäuren zu sich. Eine dritte Gruppe trainierte schließlich nicht, wurde aber zweimal in der Woche zu einem Gedächtnistraining eingeladen: Sie machte regelmäßig Übungen, die die Merkfähigkeit verbessern.

Begleitend wurden die Teilnehmer regelmäßig untersucht: Die Forscher dokumentierten Entzündungswerte genauso wie biochemische Parameter und auch Chromosomenschäden. Ergänzend nahmen sie Muskelbiopsien, um den Effekt des Trainings zu messen. Darüber hinaus gab es Tests zur psychischen Befindlichkeit der Teilnehmer.

Das Ergebnis: Die Wissenschaftler wiesen klare Effekte des Trainings auf molekulare Mechanismen im Körper nach. Fehler bei der Zellteilung, die durch altersbedingte Chromosomenschädigung auftreten, stagnierten aber nicht bloß: „Je fitter jemand ist, desto geringere Schäden gibt es an Chromosomen und der DNA“, so Wagner. Die Chromosomenschäden wurden in den ersten Monaten sogar um bis zu 20 Prozent reduziert.

Aber auch geistig und sozial aktiv zu bleiben rechnet sich. In der Gruppe, die gemeinsam Gedächtnisübungen machte, zeigten sich ähnliche Effekte.

Der klare Tipp des Forschers: Im hohen Alter nicht nachgeben und für einen positiven Effekt auf die Gesamtgesundheit auch trotz Wehwehchen weiter aktiv bleiben. Nur von A nach B zu gehen reiche aber nicht aus: Man müsse das Training schon auch „spüren“.

LEXIKON

Chromosomen sind Stränge aus DNA (Desoxyribonukleinsäure), die mit Proteinen „verpackt“ sind. Sie finden sich im Kern jeder menschlichen Zelle und enthalten wichtige Erbinformationen.

Bei Chromosomenschäden ist die Anzahl oder der Aufbau der Chromosomen verändert. Das kann zu schweren Krankheiten führen. Chromosomenschäden lassen sich mit dem sogenannten Mikrokerntest nachweisen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)

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