Umstrittene Förderung der Fruchtbarkeit

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Eine US-Firma will Frauen dadurch zu Kindern verhelfen, dass sie Eizellen mit Mitochondrien anreichert.

Die Reproduktionsmedizin stürmte immer schon wild voran, 1978 brachte sie das erste Kind – Baby Louise – aus der Retorte der In-vitro-Fertilisation (IVF), es war ein Versuch an Menschen ohne Vorversuche an Affen, er ging gut, heute gibt es Millionen IVF-Menschen. Nun kommt wieder etwas, wieder ohne Tests: Die US-Firma OvaScience will die Fruchtbarkeit von Frauen dadurch fördern, dass sie ihre Eizellen mit Mitochondrien anreichert. Das sind die Zellkraftwerke, mit ihnen sollen sich Eizellen stärken lassen, die sonst nicht zu Kindern führen. Sie sollen anderen Eizellen der gleichen Frauen entnommen und in die eine transferiert werden.

Das ähnelt dem in Großbritannien gerade genehmigten Beheben von Defekten an mitochondrialen Genen, die werden gegen gesunde (von anderen Frauen) ausgetauscht. Aber bei OvaScience wird einfach hinzugefügt. Was dann passiert, weiß niemand. „Sehr besorgt“ ist etwa John Eppig, Reproduktionsbiologe im Jackson Laboratory (Bar Harbor): Wie werden sich die zusätzlichen Mitochondrien auf die Kinder auswirken, sofern die überhaupt kommen? „Wir wissen es wirklich nicht“, erklärt Eppig.

Reproduktionsindustrie testet nicht

Die zuständige US-Behörde FDA teilt die Skepsis, sie lässt das Verfahren nicht zu und hat ein ähnliches 2001 gestoppt, jetzt möchte sie zusätzliche Daten (Sciencenow 30. 3.). „Die Reproduktionsmedizin macht einfach keine Versuche“, blockt Michelle Dipp, Wissenschafts-Chefin von OvaScience, ihre Firma ist dem FDA ausgewichen: Die ersten Klientinnen wurden in Kliniken in Kanada und der Türkei mit Mitochondrien versorgt – Dubai folgt –, die Ergebnisse wurden vor zwei Wochen beim Jahrestreffen der Society for Reproductive Investigation in San Francisco präsentiert, in zwei Runden.

Zunächst kamen die Daten aus Kanada: Die sprachen von 53 Prozent Erfolg – laufende Schwangerschaften bei Frauen, denen früher auch drei IVF-Versuche nicht dazu verholfen hatten –, bei näherem Zusehen waren es viel weniger, die Aktienkurse von OvaScience brachen um 18 Prozent ein. Tags darauf kamen die Daten aus der Türkei: 25 Prozent, die Kurse erholten sich leicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2015)

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