Die Versauerung der Meere gab dem Perm den Rest

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Beim größten Massensterben brachte CO2 Wärme in die Luft und Säure ins Wasser. Für dessen Leben war Letzteres der finale Schlag.

Vor 252 Millionen Jahren brach die Hölle los, 90 Prozent aller Tiere gingen zugrunde – die im Wasser traf es noch härter als die auf dem Land –, auch Pflanzen litten, das Massensterben am Ende des Perm war das größte von allen. Aber was brachte die Hölle? Manche setzen auf einen Asteroideneinschlag wie vor 65 Millionen Jahren, als die verschwanden, die vom Perm-Sterben profitierten, weil sie die Erde übernehmen konnten, die Dinosaurier. Aber auf einen Giant Impact deutet nichts.

Dafür deutet alles nach Sibirien, wo vor 250 Millionen Jahren gigantische Vulkanausbrüche tobten, die u. a. viel Kohlendioxid (CO2) freisetzten, das die Atmosphäre um sechs Grad aufwärmte, aber die Hitze kann nur einen Teil zum großen Sterben beigetragen haben: An Hitze leiden Tiere, Pflanzen nicht, solange nicht Dürre dazukommt. Eine andere Emission könnte ihnen mehr zugesetzt haben: Chlorwasserstoff vulgo Salzsäure. Die greift Ozon an, und wird von Vulkanen reichlich gespuckt, die Nasa bemerkte es anno 2000, als sie ein Messflugzeug durch die Wolke des Hekla in Island schickte.

Übles Gebräu: Viel UV, wenig O2 . . .

Rechnet man das auf die Vulkane in Sibirien hoch, hätte ihre Salzsäure die hohe Ozonschicht zu 70 Prozent ausdünnen können. Damit hätte sie nicht länger vor dem UV der Sonne geschützt, es ist höchst lebensfeindlich. Aber auch die Salzsäure allein kann es nicht gewesen sein, es gibt auf dem Land schützenden Schatten, und tief in die Meere dringt die Strahlung nicht. Auch dort wütete das Sterben, und zwar vor allem unter denen, die kein aktives Atmungssystem hatten, an Land war es das Gleiche, dort erging es etwa den Riesenlibellen schlecht. Die hatten es zuvor auf Flügelspannweiten von 70 Zentimetern gebracht, das war nur möglich – Insekten atmen nicht, sie lassen sich durchströmen –, weil extrem viel Sauerstoff in der Luft war, 30 Prozent. Am Ende des Perms fiel der Gehalt rasch auf 13 Prozent. Wieder standen wohl die Vulkane dahinter: Die von ihnen via CO2 verursachte Wärme könnte Sümpfe ausgetrocknet haben, in denen organischer Kohlenstoff gebunden war. Als er frei wurde, griff er sich Sauerstoff und bildete CO2.

Der Sauerstoffmangel schränkte auf der Erde den bewohnbaren Bereich stark ein – schon auf mittelhohen Bergen gab es nicht genug zu atmen –, in den Meeren auch, zudem löst sich in wärmerem Wasser weniger Sauerstoff. Dafür bildete sich dort das nächste Gift: Schwefelwasserstoff, Bakterien produzieren es, wenn wenig Sauerstoff da ist.

. . . rasches Sinken des pH-Werts

All das hat der Biochemiker und Wissenschaftsjournalist Nick Lane vor Jahren schon durchgemustert (Nature 448, S. 122). Aber der zumindest für die Meere finale Schlag fehlt: CO2 macht nicht nur warm, es macht zudem Wasser sauer. Auch das gehört schon lang zu den Hauptkandidaten für die Ursache des Massensterbens, es konnte aber nicht exakt rekonstruiert werden. Matthew Clarkson (University of Otago) hat es nun nachgeholt, an Borisotopen – in Gestein des früheren Meeresbodens am arabischen Golf –, die geben Auskunft über den pH-Wert. Der fiel in zwei Schüben, vor allem im zweiten stark (Science, 348, S. 229).

Das traf insbesondere die, die Schalen oder Häuser aus Kalk bilden. Und es ist für Clarkson „ein beunruhigender Befund, weil wir heute schon eine Versauerung des Ozeans durch die CO2-Emissionen des Menschen sehen“. Droht uns durch uns das Gleiche wie einst dem Perm durch die Vulkane? Auf der einen Seite bringen wir pro Jahr zehn Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre, damals waren es nur 2,4. Aber die kamen 10.000 Jahre lang: 24.000 Gt. So viel schaffen wir nicht, in den fossilen Vorräten stecken nur 3000.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2015)

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