Dem Sinn der Expo auf der Spur

Künstlerische Forschung. Österreichische Künstler erforschen je einen Monat lang die Weltausstellung – mit offenen, neuen Zugängen.

Als Prinz Albert 1851 die erste Weltausstellung der Geschichte im Londoner Hyde Park ins Leben rief, waren Sinn und Zweck noch klar erkennbar: Während sich die Politik der Repräsentation hingab, erhielten die Menschen Einblicke in für sie faszinierende, ferne Welten; in Kulturen und Länder, die sie sonst nie erleben oder bereisen hätten können.

2015 tut sich die Weltausstellung – heute Expo – da schon schwerer. Politik und Wirtschaft repräsentieren immer noch. Bloß: So faszinierend ist der Blick auf fremde Kulturen und Errungenschaften in Zeiten von Internet und Billigreisen nicht mehr. „Die Expo kämpft mit ihrer Identifikation“, formuliert es der Wiener Künstler und Kurator Gerald Straub. „Sie weiß selbst nicht mehr, was sie ist. Tourismusmesse? Wirtschaftsmesse? Polit-Profilierungsmaschine? Ein Stadtentwicklungsprogramm?“ Wahrscheinlich von allem ein bisschen.

Um der Vielschichtigkeit der Veranstaltung auf die Spur zu kommen, hat Straub ein Artist in Research Residence Programme ins Leben gerufen. Also ein Programm, bei dem sich Künstler forschend auf die Suche danach machen, was die Expo ausmacht. Je einen Monat haben die insgesamt sechs Künstler oder Künstlerteams (unter dem Titel „Made in... / Lateral Line Organ of Space“) dafür Zeit. Sie leben dabei vor Ort und nutzen die Expo zugleich „als ihr Forschungslabor und als jene Materie, die beforscht wird“. Die Expo wird also selbst Gegenstand zeitgenössischer Kunstproduktion. Finanziert wird das (mutige, weil kritische) Programm vom österreichischen Expo-Büro.

Kritischer Blick auf die Hochglanzwelt

Wie genau die sechs Künstler arbeiten werden? Unklar. „Die Formate der künstlerischen Forschung entstehen gerade erst“, sagt Straub. Das sei das Spannende an dem bewusst offen gehaltenen Projekt. Der Rahmen sei freilich vorgegeben: „Es geht uns darum herauszuarbeiten, was auf der Expo passiert, aber nicht gezeigt wird.“ Wer trifft wen? Wer profitiert? Aber auch: Welche Potenziale hat die Expo? Anders formuliert: Es geht um eine kritische Reflexion jener Hochglanzwelt, die die Staaten in ihren Pavillons zeigen. „Oder glauben, zeigen zu müssen“, wie Straub sagt.

Zeigen will Straub jedenfalls, dass „Kunst auch immer Wissen schafft“. Die Künstler laden daher nicht zuletzt die Expo-Besucher zu Vermittlungstouren und Künstlergesprächen ein. Auch ein Symposium und eine Publikation sind geplant.

Alle Termine finden Sie im offiziellen Expo-Eventkalender. (chs)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2015)

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