Machte Wärme den Großen den Garaus?

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RUSSIA SCULPTURE MAMMOTHSEPA
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Der Aderlass der Megafauna während und am Ende der Eiszeit soll vom Klima gekommen sein.

Vor 50.000 Jahren gab es auf der Erde über 150 Arten der Megafauna – Tiere mit mehr als 45 Kilo –, vor 10.000 Jahren waren 97 verschwunden. Extrem rasch ging es zu einer gewissen Zeit in Nordamerika: Vor etwa 12.000 Jahren verschwanden fast alle Großen – Mammuts, Kamele etc. –, nur Bisons, Bären und Elche hielten sich. Wie das? Vor etwa 12.000 Jahren ging die letzte Eiszeit zu Ende, und vor etwa 12.000 Jahren tauchten die ersten Menschen in Amerika auf, die aus Asien eingewanderten Clovis mit ihren modernen Jagdwaffen.

Machte also das eine Mitglied der Megafauna den anderen ein Ende, ein rasches, durch Abschlachten („Blitzkrieg“), ein langsames, durch Veränderungen der Habitate („Sitzkrieg“)? Oder fielen die Großen dem Klimawandel zum Opfer? Darüber wird seit Jahrzehnten debattiert, und nun meldet sich wieder die Klimafraktion zu Wort: Alan Cooper (Adelaide) hat fossile DNA ausgestorbener Megafauna analysiert, seine Forschung reicht bis zu 56.000 Jahre zurück. Außerdem hat er das Verschwinden von Arten mit zwei Archiven des Klimas abgeglichen, Eisbohr- und Sedimentkernen: Demnach hatte sich nicht erst vor etwa 12.000 Jahren, sondern auch bei früherem Verschwinden von Megafauna – vor 37.000 bis 32.000 Jahren waren auch viele gegangen – immer das Klima geändert. Die Temperaturen waren regional schlagartig bis zu 16 Grad hinaufgeschossen („Dansgaard-Oeschger-Ereignisse“).

Schlagartig bis zu 16 Grad mehr

Diese „abrupte Erwärmung“ hätte den Großen den Garaus gemacht, schließt Cooper, zumindest hätte sie sie so geschwächt, etwa ihre Populationen segmentiert, dass sie den Aktivitäten des Menschen nicht mehr gewachsen waren (Science 23.7.). Was die Großen geschwächt hat, detailliert Cooper nicht – von Erwärmungen mitten in der Eiszeit könnte man eher Verbesserungen des Futterangebots erwarten –, auch sonst spricht einiges gegen seine Hypothese. Etwa das Verschwinden der Elefanten. Die gab es überall auf der Erde, sogar in Japan, und überall – außer in Afrika und Indien, wo sie den Menschen früh kennenlernten, als der noch kein großer Jäger war – gingen sie in dem Moment, in dem er kam. Es gab keine temporäre Koexistenz, wie sie erwartbar wäre, wenn das Klima die Tiere geschwächt und die Menschen den Rest erledigt hätten.

Für die Gegenthese, die vom „Blitz-“ bzw. „Sitzkrieg“, spricht auch Coopers Heimat: Die Megafauna Australiens verschwand vor 51.000 bis 40.000 Jahren. Die Menschen waren da und bauten das Land mit Brandrodungen um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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