Politik und Facebook: Eine Bestandsaufnahme

(c) REUTERS (BRENDAN MCDERMID)
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Gemeinsam mit Schülern aus Oberösterreich und der Steiermark erarbeiten Wiener Publizisten einen Bewertungsraster, um Facebook-Profile heimischer Politiker zu analysieren.

Wenn Politiker ihre zukünftige Wählerschaft auf den klassischen Kanälen wie Zeitung und Fernsehen nicht mehr erreichen, müssen sie neue Medien wie Facebook nutzen, also sozial interaktive Netzwerke. „Jugendliche sind ein wichtiger Teil der Wählerschaft, sie bilden ihre politischen Einstellungen, die mitunter ein Leben lang anhalten können, erst aus“, sagt Jörg Matthes, Vorstand des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien. Im Sparkling-Science-Projekt „FacePolitics“, finanziert vom Wissenschaftsministerium, dürfen nun Schüler aus der Steiermark und Oberösterreich an Inhaltsanalysen der Facebook-Profile von Politikern in Österreich mitarbeiten.

„Im Gegensatz zu klassischen Medien, in denen Journalisten auch Standpunkte vermitteln, können sich Politiker auf Facebook stärker als Person darstellen, prägnantere Beiträge liefern und Themen ganz anders verpacken“, sagt Matthes. Ob diese neue Form der Darstellung aber bei den Jugendlichen auch gut ankommt, soll nun erstmals großflächig untersucht werden.

Gemeinsam mit den Schülern wird ein „Codierungsbuch“ erstellt, das ist ein Raster, mit dem man die Facebook-Profile einheitlich nach immer gleichen Kriterien analysieren kann. „So lernen die Schüler einerseits die wissenschaftliche Methode der Inhaltsanalyse kennen. Andererseits fließt in den Raster nicht nur der Blick von uns Forschern ein, sondern auch die Perspektive der Jugendlichen“, erklärt Matthes. Was bedeutet Politik für sie, was erwarten sie von Politikern? Welche Themen sind interessant? „Wir werden dann etwa 150 Profile heimischer Politiker kodieren und bewerten: Das schafft erstmals einen Status-Quo, eine Bestandsaufnahme der Facebook-Kommunikation der österreichischen Politik“, sagt Matthes.

Zugleich wollen die Wissenschaftler daraus Lektionen ableiten: Wie kann man die Ansprache an Jugendliche im Internet verbessern, damit sie sich nicht in Desinteresse zurückziehen, sondern am politischen Prozess beteiligen? „Wir Forscher befürchteten anfangs, dass die Schüler auch uns Desinteresse entgegenbringen. Doch das war in den beiden Partnerschulen BORG Deutschlandsberg und BORG Perg gar nicht der Fall. Die Jugendlichen waren schnell vom Projekt begeistert.“ (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2015)

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