Warum Hunde Katzen fürchten

(c) APA/EPA/DIEGO AZUBEL (DIEGO AZUBEL)
  • Drucken

In Nordamerika wurden manche Hunde groß und rasch, als Wälder Savannen wichen. Aber dann wanderten Katzen ein und wurden für viele zur tödlichen Konkurrenz.

Wenn Katze und Hund einander begegnen, dann muss sie für gewöhnlich nicht einmal die Krallen ausfahren, damit er einen weiten Bogen macht, leicht angedeutetes Fauchen genügt. Wie das? Es mag uraltes Erbe sein: Viele aus der Familie der Ahnen der Hunde wurden von denen der Katzen so hart bedrängt, dass sie ausstarben. Das taten sie dort, wo es vor 40 Millionen Jahren schon Ahnen der Hunde gab, in Nordamerika. Diese Ahnen waren Hesperocyonen, sie waren klein, ähnelten eher Wieseln und lebten als Lauer- oder auch Ansitzjäger: Sie streiften nicht weit herum und hetzten Beute, sondern stürzten sich aus einer Deckung auf das, was vorbeikam.

Später streckten sich manche in die Länge und wurden rasche und ausdauernde Läufer, Caniden, Wölfe etwa, Koyoten, Füchse. Bisher führte man diese Evolution darauf zurück, dass neue Beute gekommen war, auch rasche, Rehe, Antilopen, Pferde, die waren zunächst extrem klein. Aber nun bietet Borja Figuerido (Malaga) eine andere Erklärung: Er hat fossile Vorderbeine von 32 Hundearten analysiert, die ältesten waren 40 Millionen Jahre alt, die jüngsten stammten von heute, ganz besonderes Augenmerk legte der Forscher auf das Gelenk der Vorderbeine, er nennt es „Ellbogen“.

Ellbogen-Umbau: Laufen statt greifen

Die waren bei den Hesperocyonen höchst flexibel gebaut, mit ihnen konnte man gut Beute greifen und niederringen. Bei den Caniden änderte sich das, die Ellbogen waren nur noch in einer Richtung beweglich, das ermöglichte ausdauerndes Laufen, nach Beute gegriffen wurde nun mit den Zähnen. Die Innovation begann vor 27 Millionen Jahren, damals sorgte ein Klimawandel dafür, dass die dichten Wälder, in denen man gar nicht rasch laufen konnte, offenen Savannen wichen, es war kühler geworden, zugleich waren die Rocky Mountains so in die Höhe gewachsen, dass das Landesinnere trockener wurde.

Darauf reagierten die Tiere, vor zwei Millionen Jahren waren sie so rasch wie heute. Es war nicht nur das Klima, aber es war auch nicht nur, wie bisher vermutet, ein „Rüstungswettlauf“ zwischen rascher Beute und raschen Jägern (Nature Commmunications 18. 8.).

Aber Wälder gab es lange auch noch, und in ihnen Hesperocyonen, die bekamen vor 18,5 Millionen Jahren Konkurrenz, da wanderte über die Beringstraße Pseudaelurus nach Alaska ein, die Ahnfrau der nordamerikanischen Katzen. Deren Fossilien hat Daniele Silvestro (Göteborg) analysiert, auch die von anderen Fleischfressern, Säbelzahnkatzen, Bären und wieder Ahnen der Hunde. Pseudaelurus hatte eine Jagdweise wie Hesperocyon: warten, sich allenfalls anschleichen, dann auf die Beute stürzen.

Aber Pseudaelurus und ihre Erben hatten bessere Waffen, sie konnten ihre Krallen einfahren und holten sie nur bei Bedarf heraus, das brachte ihnen in der Konkurrenz der Lauerjäger den entscheidenden Vorteil: „Bei Katzen werden die Krallen nicht abgenützt, und sie können sie scharf halten. Hunde können das nicht, sie sind im Nachteil“, erklärt Silvestro: „Die Ankunft der Katzen in Nordamerika hatte einen tödlichen Einfluss auf die Diversität der Hundefamilie“ (Pnas 17. 8.).

So wichen zuerst die Hesperocyonen, dann eine zweite große Gruppe, die Borophaginen – sie hatten einen Mittelweg zwischen Lauer- und Hetzjagd eingeschlagen –, manche Katzen wurden größer, etwa zu Pumas, sie brachten auch Caniden in Bedrängnis, die dünnten sich aus, manche hielten sich, aber sie behielten auch Respekt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.