Biologie: Drachen töten doch mit Gift

Komodowaran
Komodowaran(c) AP (Dave Thompson)
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Komodowarane arbeiten bei der Jagd mit einer raffinierten Gift-Mischung. Ihre Art zu jagen ähnelt vermutlich jener der Säbelzahntiger. Aber Warane nutzen zusätzlich Gift.

„Komodowarane putzen ihre Zähne nicht.“ Mit diesem Urteil fasste Biologie-Allrounder Jared Diamond zusammen, was man lange über die Ernährungsweise der weltgrößten Eidechsen – Varanus komodoensis, bis zu drei Meter lang und 100 Kilo schwer – wusste: Sie fressen vor allem Aas, aber sie jagen auch und sorgen auf rätselhafte Weise dafür, dass ihre Beute zu Aas wird. Denn sie haben zwar scharfe Zähne, und die reichen für kleinere Beute – etwa Junge der eigenen Art, die deshalb auf Bäumen Zuflucht suchen –, aber sie gehen auch auf Büffel und Hirsche. Die können sie nicht sofort töten, ihre Gebissmuskulatur schafft das nicht, sie ist sechsmal schwächer als die von Krokodilen der gleichen Körpergröße. Allerdings können sie mit den Zähnen – verbunden mit ihrem Körpergewicht – tiefe und lange Wunden reißen, ähnlich jagen Haie, ähnlich haben wohl auch die Säbelzahntiger gejagt.

Blut verflüssigt, Adern erweitert

Während Letztere aber vermutlich ihre Beute einfach ausbluten ließen, vergiften Warane die Wunden. Bisher glaubte man, dass sie das mit einem tödlichen Gemisch von Bakterien in ihrem Maul tun, das bringt den bestialischen Gestank, auf den Diamond anspielt. Den bringt es wirklich, aber den Tod bringt es nicht: Eine Gruppe um Bryan Fry (Melbourne) hat die Bakteriengemeinschaften in Waranmäulern analysiert und dort all das gefunden, was man bei (jedem) Aasfresser findet, Bakterien vom Aas – mehr nicht. Stattdessen zeigte sich, dass Warane mit Gift arbeiten, die das Blut verflüssigen und die Adern erweitern und beim Opfer zu einem Schock führen. Das taten sie zumindest bei Versuchsmäusen, es deckt sich damit, dass manche Waranopfer relativ rasch bewegungslos werden. Aber andere schleppen sich noch tagelang dahin, die Warane kommen nicht hinterher, diese Beute dient Artgenossen als Futter (und stellt die Frage, warum diese Tiere so selbstlos jagen, dass andere davon profitieren).

Diamond vermutet, dass die Komodowarane erst auf den indonesischen Inseln, auf denen sie heute noch leben, so groß wurden und Elefanten jagten, die ihrerseits verzwergt waren (es gibt auf Inseln solche Effekte). Aber sie sind eher selbst verzwergt: Ein ausgestorbener Ahn, Varanus (Megalania) prisca, war bis zu sieben Meter lang und zwei Tonnen schwer, er hat, so vermuten die Forscher, auch mit Gift gejagt (Pnas, 18. 5.).

("Die Presse", Printausgabe, 19.05.2009)

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