Biohacker: Echt veganer Käse!

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Die avancierteste Gentechnik kann von jedermann praktiziert werden. Das lockt viele Laien in einfache Labore.

Vor drei Jahren fand sich Johan Sosa, IT-Berater in Kalifornien, ein neues Hobby, er beschloss, Organe wachsen zu lassen. Irgendeine Ausbildung dazu hat er nicht, er ist auch nicht weit gekommen, hat bald bemerkt, wie unrealistisch der Plan war. Aber er blieb dem Hobby treu und lernte sich ein in die avancierteste Gentechnik: Diese heißt CRISPR, sie erlaubt es, Genome punktgenau zu verändern und ist heftig umstritten: Auf der einen Seite stellt sie die Ausrottung von Erbkrankheiten in Aussicht – aber auch den Menschen nach Maß –, auf der zweiten die Ausrottung der Malaria bzw. der Moskitos – doch damit auch grenzenlose Umweltrisken –, auf der dritten Seite befördert sie Ideen wie die, Elefanten gentechnisch zu Mammuts umzubauen.

Das hat in der Zunft zu heftigen Debatten geführt – bis zu Forderungen nach einem CRISPR-Moratorium –, aber diese müssen Sosa nicht interessieren: Er hat sich privat in CRISPR eingelernt, die Technik ist nicht nur die avancierteste, sie kann auch von jedermann praktiziert werden. Das ist ganz im Sinne von Biohacking, einer verzweigten Bewegung, die Wissenschaft demokratisieren will: Jedermann soll Zugang haben, dem widmet sich etwa die Organisation Bio Curios (Silicon Valley's Hack) in Sunnyvale. Sie hat kleine Labors, dort arbeiten Spezialisten und Laien zusammen, etwa an Pflanzen, die leuchten und damit Straßen illuminieren.

Bakterien sollen Milch erzeugen

Das Vorzeigeprojekt verspricht „real vegan cheese“: Dieser darf natürlich nicht aus Milch sein, man baut deshalb Hefe so um, dass sie Milchproteine produziert. Andere wollen Bier anders schmecken lassen, wieder andere einfach spielen, Bakterien in Regenbogenfarben produzieren. Sosa weiß noch nicht recht, was er will, er arbeitet derzeit an Pflanzen. Könnte er Unheil anrichten, ist Biohacken gefährlich? Terroristen könnten sich auch leicht in CRISPR einlernen, bisher allerdings hat das Bioterrorism Protection Team des FBI keinen Alarm geschlagen, es hält auch Kontakt zu Organisationen wie Bio Curios und bittet diese, die Augen offen zu halten.

„Nature“ hat herumgefragt, ob Menschen wie Sosa Teufelszeug herstellen könnten (524, S. 398). Alle Experten winken ab: Höhere Gentechnik – etwa zur Ausrottung von Leiden oder Moskitos – ist teuer und zeitaufwendig, braucht wohl ausgestattete Labore und wird dann doch rasch schwierig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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