Victoria Heinrich: Mit Blitzen auf Bakterien schießen

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Lebensmitteltechnologin Victoria Heinrich untersucht, wie Essen länger haltbar bleibt. Neue Verpackungsmethoden sollen besser vor Bakterien schützen.

Eine Gurke hält im Kunststoffdarm zwei bis drei Wochen, ohne nur etwa drei Tage. „Mehr Verpackung muss nicht schlecht sein, das ist ein weit verbreiteter Irrtum“, sagt Victoria Heinrich. Dadurch könne mitunter sogar weniger Abfall anfallen: wenn nämlich Lebensmittel später verderben. Das sei vielen nicht bewusst, Verpackungen hätten daher einen ähnlich schlechten Ruf wie ein Atomkraftwerk. Zu Unrecht, wie sie findet: Heinrich stellt derzeit am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) im Bereich Lebensmittel und Verpackung ihre Dissertation fertig.

Viel zu viel werde heute einfach weggeworfen, sagt Heinrich: „Rund ein Drittel aller Lebensmittel landet im Müll.“ Für eine wachsende Weltbevölkerung werde man jedoch bis 2050 etwa 50 Prozent mehr Nahrung brauchen. Heinrich testet daher zwei Methoden, mit denen Lebensmittel länger haltbar bleiben sollen: indem sie für den Menschen gefährliche Mikroorganismen wie Listerien oder E. coli töten oder sie in ihrem Wachstum hemmen.

Mit Licht die Keime töten

Einerseits beschoss sie Listerien mit gepulstem Licht, also schnellen Lichtblitzen, die das gesamte Strahlungsspektrum von ultraviolettem bis Infrarotlicht nutzen. Für das Entkeimen von Bechern oder Folien ist die Technologie schon im Einsatz, nun wollen die Forscher sehen, wie gut sie bei Nahrung funktioniert. Die Ergebnisse aus Heinrichs Tests sind jedenfalls vielversprechend. Bei Speck funktioniert das Verfahren allerdings schlechter, denn ähnlich wie uns eine Sonnencreme schützt, schützt auch Fett die Bakterien vor der Strahlung. Grundsätzlich könne man mit der Methode aber sogar Lebensmittel durch eine transparente Verpackung entkeimen, erklärt Heinrich.

Andererseits testete sie, wie gut sich Lebensmittel mithilfe von Argongas haltbar machen lassen: Damit entzieht man den Mikroorganismen den Sauerstoff, den sie zum Leben brauchen. Bis zu vier Wochen beobachtete sie im Labor, was mit Schinken bei Berührung mit verschiedenen Gasen passiert – mit wiederum vielversprechenden Testergebnissen zur Verwendung von Argongas.

Wir kann sich der Konsument selbst schützen? „Totrösten kann man immer“, sagt Heinrich. Das entspricht aber nicht den Trends der gesunden Küche, die Nährstoffe erhalten will. „Außerdem wollen die Menschen frische Lebensmittel, die möglichst lang halten“, so Heinrich. Man müsse daher anders ansetzen. Für ihre Arbeit wurde sie jedenfalls beim Talente-Cocktail des Technologieministeriums in Alpbach als eine von 50 jungen Forscherinnen und Forschern auf die Bühne geholt.

Aufmerksamkeit für ihre Arbeit ist sie allerdings bereits gewohnt: Für ihre Forschungsleistung erhielt sie 2013 den ACR Woman Award für ein Projekt, in dem sie die Vergrauung von aufgeschnittenen Wurstwaren – etwa im Supermarkt – untersuchte. Im Vorjahr gewann sie den Wiener Science Slam, einen Wettbewerb, bei dem junge Forscher ihre Arbeit einem Laienpublikum kurz und prägnant präsentieren.

Über ihr Thema aufzuklären ist ihr wichtig, daher hält sie auch Vorträge an der Volkshochschule. Denn sie sagt: „Verpackung ist besser als ihr Image.“ Um das auch anderen zu vermitteln, lehrt sie demnächst auch im österreichweit ersten Bachelorstudium Verpackungstechnologie, das im Wintersemester in der FH Campus Wien startet. Die Zukunft der Branche sieht sie in intelligenten Verpackungen, die etwa anzeigen, ob eine Frucht reif oder bereits verdorben ist.

Bleibt bei all dem Engagement noch Raum für Freizeit? Heinrich nimmt ihn sich. Viermal pro Woche reitet sie ihren Wallach Glenfiddich. Dabei vergisst sie auch die Arbeit. Denn: „Auf dem Pferd ist kein Platz für Stress“, sagt sie.

Zur Person

Victoria Heinrich wurde 1987 in Klosterneuburg geboren. Ursprünglich wollte sie die Weinbauschule besuchen. Aber auch an der Boku Wien ging es dann um Nahrungsmittel: Sie studierte Lebensmittel- und Biotechnologie und stellt nun nach zwei Masterstudienabschlüssen ihre Dissertation fertig. Teile der Arbeit entstehen am OFI, einem Mitglied des Forschungsverbands Austrian Cooperative Research (ACR), bei dem sie als Projektmanagerin tätig ist.

Alle Beiträge unter: diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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