Ein Jour fixe der Wissenschaft und Politik

Jubiläum. Seit 20 Jahren verknüpft man in Christian-Doppler-Labors Grundlagenwissen und industrielle Anwendungen. Eine Brücke brauche es aber auch zur Politik, sagt der Präsident der Forschungsgesellschaft, Reinhart Kögerler.

Was verbindet Metallerzeugung, Schimmelpilze und Logistik? Zu allen Themen gibt es aktuell Christian-Doppler(CD)-Labors. In den nach dem österreichischen Mathematiker und Physiker benannten Einrichtungen wird seit nunmehr 20 Jahren Grundlagenforschung gemeinsam mit Industriepartnern betrieben. Die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft sei dabei stark vom Brückenbauen zwischen unterschiedlichen Kulturen geprägt gewesen, berichtet Reinhart Kögerler, Präsident der Christian-Doppler-Gesellschaft (CDG) und selbst Physiker.

„Grundlagenwissen ist nicht aus dem Ausland zukaufbar, dazu braucht es einen eigenen Forschungsprozess“, sagt Kögerler. Mit den maximal sieben Jahre laufenden CD-Labors wurde 1995 das erste Fördermodell in Österreich geschaffen, mit dem Unternehmen gezielt an die Grundlagenforschung der Universitäten herangeführt wurden. Die Bilanz: 300 Millionen Euro wurden investiert, aufgebracht wurden die Mittel je zur Hälfte von Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium und von Unternehmen. Insgesamt 164 CD-Labors wurden so eingerichtet und betrieben, 74 gibt es aktuell. Daneben bestehen heute sieben Josef-Ressel(JR)-Zentren, das sind Forschungseinrichtungen von Fachhochschulen und Unternehmen – deutlich weniger als CD-Labors, denn Fachhochschulen seien „weniger forschungswillig und -fähig“, so Kögerler.

Wer teurer ist, muss besser sein

Die meisten Labors sind in Österreich, aber auch in Deutschland und Großbritannien gibt es vier Forschungslabors. Voraussetzung sei lediglich, dass einer der Partner in Österreich verankert ist. Das soll vor allem heimischen Firmen einen klaren Vorteil bringen: „Wissen ist entscheidend im Wettbewerb“, so CDG-Vizepräsident Lorenz Sigl. Die europäischen Länder seien Hochlohnländer. „Wer teurer ist, muss ein bisschen besser sein“, sagt er. Dazu will man Unternehmen auch weiter zu Forschungskooperationen motivieren.

Passend zum Jubiläum, das am Mittwochnachmittag in Wien gefeiert wurde, präsentierten Kögerler und Sigl das neue Sonderprogramm „Partnership in Research“. Damit will man neue Partnerschaften von Wissenschaft und Wirtschaft initiieren, die als Basis für neue CD-Labors oder JR-Zentren dienen könnten. Bis zu drei Jahren gefördert werden sollen vor allem junge Grundlagenforscher mit guten Ideen für die Praxis. Eine Million Euro steht dafür zur Verfügung, abgewickelt wird das Programm vom Wissenschaftsfonds FWF.

Geldsorgen kennt man bei der CDG – noch – keine. „Was gut ist, wird auch finanziert“, zeigt sich Kögerler zuversichtlich, dass das auch so weitergehe. Dennoch warnt er klar vor Defiziten in der Grundlagenforschung; diese könnten sich durch ein unausgewogenes Verhältnis zur angewandten Forschung verschärfen.

Dialog mit Abgeordneten

Dazu sei auch ein permanenter und stärkerer Dialog zwischen Wissenschaft und Politik notwendig, denn: „Woher soll ein normaler Abgeordneter wissen, was Grundlagenforschung braucht?“ Das grundsätzliche Interesse an der Wissenschaft sei zwar da, dennoch würden viele Entscheidungen zu schnell getroffen. Könnte ein Jour fixe von Wissenschaft und Politik hier helfen? Regelmäßige Treffen wären jedenfalls nützlich, so Kögerler. (gral)

LEXIKON

In Christian-Doppler(CD)-Labors wird seit 1995 anwendungsorientierte Grundlagenforschung betrieben: Dabei werden Unternehmen gezielt an das Wissen der Universitäten herangeführt. Insgesamt wurden 164 CD-Labors gegründet, 74 sind derzeit aktiv. Mittlerweile gibt es auch mit Fachhochschulen solche Kooperationen: Sieben Josef-Ressel-Zentren existieren derzeit. Mit den in 20 Jahren investierten 300 Millionen Euro entstanden auch zahlreiche Diplomarbeiten, Dissertationen und Habilitationen. 5900 Publikationen und 420 Patente wurden veröffentlicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.