Lach-Evolution: Auch Affen werden gerne gekitzelt

SCHIMPANSEN VERLASSEN DEN ZOO ZUERICH
SCHIMPANSEN VERLASSEN DEN ZOO ZUERICH(c) AP (Eddy Risch)
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Auf Kitzeln reagieren wir wie Menschenaffen, nur verfeinert. Schon Charles Darwin beschrieb lachende Schimpansen, die er selbst im Londoner Zoo kitzelte. Unsere Emotionen existieren bei den Affen schon rudimentär.

„Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht?“ So appellierte Shylock, ihn als Menschen anzuerkennen, es half ihm nichts, es war auch zu eng gesehen, das Lachen ist kein Privileg des Menschen: „Wenn junge Schimpansen gekitzelt werden – in den Achselhöhlen sind sie dafür sehr empfindlich, so wie unsere Kinder –, wird ein kichernder oder lachender Laut geäußert.“ So beschrieb es Darwin, der selbst im Londoner Zoo Affen kitzelte oder sich berichten ließ, wie sie auf den Reiz reagierten: Ein Schimpanse zog die Mundwinkel hoch, ein Gorilla bekam glänzende Augen, alle hatten Freude daran.

Aber hat das etwas mit unserem Lachen zu tun? „Darwin hat als Erster postuliert, dass unsere Emotionen und unser Verhalten aus Vorstufen bei Tieren entstanden sind“, berichtet Elke Zimmermann (Tierärztliche Hochschule Hannover) der „Presse“: „Wir haben nun an Menschenaffen gezeigt, dass unser Kitzellachen von ihrem abgeleitet worden ist.“ Dazu brachte die Gruppe um Zimmermann drei Menschen- und 21 Menschenaffenbabys – Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen, Bonobos – durch Kitzeln zum Lachen, sie taten es alle. (Ob das Lachen noch tiefere Wurzeln hat und etwa auch Ratten damit auf Kitzeln reagieren, ist unklar, Zimmermann hat eher Zweifel daran.)

Vom Geräusch zum Ton

Aber nicht alle tun es in der gleichen Art. Die Forscher haben das Gelächter analysiert und bei Menschen drei Besonderheiten gefunden: Unser Lachen besteht aus harmonischen Tönen, die in einem Rhythmus kommen und nur beim Ausatmen erzeugt werden. Unsere nächsten Verwandten, Schimpansen und Bonobos, können es beim Aus- und Einatmen, auch sie bringen harmonische Töne zustande, aber viel weniger, auch in der Zeit weniger strukturierte. Weiter zurück in der Geschichte schwindet die Harmonie, Orang-Utans und Gorillas lachen in unstrukturierten Geräuschen.

Aber Lachen ist es doch. „Die Lautähnlichkeiten zwischen den Arten spiegeln exakt die genetischen Verwandtschaftsbeziehungen wider“, erklärt Zimmermann: „Damit lässt sich unser Lachen zurückdatieren auf die Zeit vor 14, 16 Millionen Jahren, in der sich die Menschenaffen von der Tieraffenlinie abgespalten haben.“ (Current Biology, 4.6.)

Warum das Lachen entstanden ist, ist unbekannt – vielleicht als Nebenerscheinung des Atmens –, warum es sich in der Evolution auf seine Art entwickelte, weiß man auch nicht, in jedem Fall stärkt es den sozialen Bezug. Manchmal auch zweischneidig: Eine ganz neue Qualität hat unser Lachen schon: „Nur wir können gestellt lachen, Lachen produzieren, auch wenn wir gar nicht so gestimmt sind.“ Solches Lachen blieb Shylock. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2009)

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