Kam das Leben schon vor über vier Milliarden Jahren?

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Isotopenmuster von Kohlenstoff, der als Graphit in uralten Zirkonen eingeschlossen ist, deuten auf einen biogenen Ursprung.

Als die Erde vor 4,5 Milliarden Jahren entstand, glühte sie 500 Millionen Jahre so, dass man die Zeit nach der Hölle benannte: Hadaikum. Leben war unvorstellbar, es kam vor 3,5 Mrd. Jahren, darauf deuten Fossilien, vielleicht schon vor 3,8 Mrd., das legen chemische Hinterlassenschaften in Gesteinen nahe. Wäre es doch viel früher entstanden, hätte es keine Spuren hinterlassen können: Die ältesten Gesteine sind vier Mrd. Jahre alt.

Aber: 2014 fanden sich in Island Hinweise, dass das Hadaikum so höllisch doch nicht war. Und schon 2008 hatte sich angedeutet, dass das Leben doch über vier Milliarden Jahre alt ist. Wie das, und wo, wenn es keine Gesteine aus dieser Zeit mehr gibt? In Gesteinen gibt es winzige Einlagerungen, Zirkone, die halten schier ewig – länger als vier Milliarden Jahre –, und in ihnen gibt es noch winzigere Einlagerungen, die legen Zeugenschaft über die damalige Umwelt ab.

Das tut etwa Graphit bzw. der Kohlenstoff, aus dem es besteht, bzw. das Verhältnis der Isotopen 13C und 14C. In der 2008 analysierten Probe war das leichtere 13C so gering vertreten, dass das Verhältnis auf einen biogenen Ursprung schließen ließ. Nur: Die Analyse war falsch, das Isotopenmuster kam von Laborkontamination. Aber nun hat Elisabeth Bell (UC Los Angeles) wieder ein ähnliches Muster gefunden, in Zirkonen aus der Jack Hills Formation in Australien, deren Gesteine zu den ältesten der Erde gehören. 10.000 Zirkone von dort hat die UC Los Angeles in ihrem Fundus, 656 mit einem Alter von über 3,8 Milliarden Jahren hat Bell ausgewählt, in einem fand sich die Spur, sie bzw. es ist 4,1 Milliarden Jahre alt (Pnas 19. 10.).

Meteore? Tiefseevulkane? Leben!

Gab es also Leben? Die Isotopenmuster können auch von Meteoriten stammen oder von Tiefseevulkanen oder anderen abiotischen Prozessen. Bell geht die Alternativen durch und hält etwa einen Meteorursprung deshalb für unwahrscheinlich, weil sich von dessen Kohlenstoff schon sehr viel hätte konzentrieren müssen, um das irdische Muster zu überlagern. Man kann auch ausschließen, dass der Kohlenstoff erst später in den Zirkon geraten ist, beide sind gleich alt, all das macht einen biogenen Ursprung plausibel. Zusätzliche Unterstützung findet die Chemikerin bei Biologen: Es gibt eine Rekonstruktion des Stammbaums der Prokaryoten – das sind die ältesten Lebensformen, Einzeller ohne Zellkern –, sie führt zu einem hypothetischen Ahnen, er lebte vor 4,1 Milliarden Jahren.

Damals gab es auch schon das Element des Lebens, das bezeugen die Zirkone: Sie brauchen zur Bildung flüssiges Wasser. Das alles sind keine Beweise, nur Hinweise, noch einen könnte man anderswo finden: Auf dem Mars gibt es Gesteine, die älter sind als vier Milliarden Jahre. Hätten sie Leben archiviert, wäre es auch auf der Erde wahrscheinlicher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2015)

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