Gemessen: Die Anziehung der Antiprotonen

SCHR�DINGERS KATZE - FOTOGRAFIERT MIT SPUKHAFTER FERNWIRKUNG
SCHR�DINGERS KATZE - FOTOGRAFIERT MIT SPUKHAFTER FERNWIRKUNG(c) APA/IQOQI (IQOQI)
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Verhält sich Antimaterie genauso wie Materie? Die Frage ist wesentlich für die theoretische Physik. Ein Experiment an einem US-Teilchenbeschleuniger ergab: Die Wechselwirkung von Antiprotonen gleicht jener von Protonen völlig.

Die Antimaterie, Lieblingsstoff der Science-Fiction – so dient sie dem Raumschiff Enterprise als Energiequelle – geisterte um 1880 erstmals durch die Physik: als negative Materie, die durch Beobachtung von der gewöhnlichen Materie nicht unterscheidbar sein sollte. 1928 kam sie wieder, als Ausgeburt der Quantentheorie: Als Paul Dirac die Schrödinger-Gleichung, die das Verhalten der Elektronen beschreibt, mit der speziellen Relativitätstheorie kombinierte, fand er eine zweite Lösung, mit umgekehrten Vorzeichen, die offenbar einem Antiteilchen des Elektrons entspricht. Dieses, das Positron, wurde 1932 in der kosmischen Strahlung nachgewiesen.
Heute glaubt man, dass es zu jedem der Elementarteilchen ein Antiteilchen gibt, das sich vom zugehörigen Teilchen nur durch die Ladung – genauer: durch alle ladungsartigen Quantenzahlen – unterscheidet. Wie die Materie aus Teilchen aufgebaut ist, so die Antimaterie aus Antiteilchen. Wenn sich Materie und Antimaterie treffen, zerstrahlen sie. (Darauf beruht der Warp-Antrieb der Enterprise.) Das heißt, es ist nicht leicht, mit Antimaterie zu experimentieren. Trotzdem ist es schon gelungen, erstmals 1995 am CERN in Genf, Antiwasserstoff zu erzeugen und ihn ein bisschen zu untersuchen – mit dem Ergebnis: Sein Spektrum ist dasselbe wie das des Wasserstoffs. Beruhigend: Denn die Theorie verlangt diese Symmetrie.

Starke Kraft hält Quarks zusammen

Der Kern des Antiwasserstoffs ist schlicht ein Antiproton. Und wie das Proton aus drei Quarks besteht, so besteht das Antiproton aus drei Antiquarks. Zusammengehalten werden sowohl Quarks als auch Antiquarks durch die starke Kernkraft. Diese bindet dann auch die Protonen und Neutronen (bzw. Antiprotonen und Antineutronen) in den Atomkernen. Wie, das könnte man im Prinzip mit der Quantenchromodynamik berechnen, aber diese Theorie ist sehr, sehr aufwendig. Also ist man für die Beschreibung von Atomkernen auf experimentelle Daten angewiesen.
Wie zwei Protonen miteinander wechselwirken, ist gut gemessen und bekannt. Bei der Wechselwirkung zweier Antiprotonen tut man sich naturgemäß schwerer. Nun ist es zum ersten Mal gelungen: im Relativistic Heavy Ion Collider am US-Kernlabor in Brookhaven. Dort schoss man Goldionen aufeinander, dabei entstehen auch Antiprotonen, die miteinander kollidieren. Es gelang, aus Daten eine Beschreibung der Wechselwirkung von je zwei Antiprotonen zu destillieren. Sie gleicht der Wechselwirkung von Protonen aufs Haar. Und sie ist attraktiv: Antiprotonen ziehen einander an wie Protonen. Das war zu erwarten, die Physiker freuen sich trotzdem über das Gelingen – und die Bestätigung der Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie (Nature, 4. 11.).
Und wie kann es sein, dass gleich geladene Teilchen einander anziehen und nicht abstoßen, wie es die Schulweisheit verlangt? Nun, diese gilt für die elektromagnetische Wechselwirkung, und die ist bei den kleinen Abständen, um die es in Atomkernen geht, so viel schwächer als die starke Kraft, dass sie gar nicht ins Gewicht fällt.

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