Biologie: Moskitos zu Malaria-Abwehr nutzen?

An Anopheles stephensi mosquito obtains a blood meal from a human host through its pointed proboscis in this handout photo
An Anopheles stephensi mosquito obtains a blood meal from a human host through its pointed proboscis in this handout photo(c) REUTERS (HANDOUT)
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Mit der neuesten Finesse der Gentechnik wäre es möglich, Moskitos mit Resistenz gegen den Erreger auszustatten. Aber das wäre auch unüberschaubar riskant.

Malaria ist nach wie vor die ärgste Plage der Menschheit, 3,2 Milliarden – fast die Hälfte – sind bedroht, um die 600.000 sterben im Jahr daran, vor allem Kinder in Afrika südlich der Sahara. Abhilfe gegen den Erreger – Plasmodium falciparum – ist nicht in Sicht, die Medikamente drohen wirkungslos zu werden, ein Impfstoff will und will sich nicht finden lassen. Also setzt man schon lang darauf, zumindest die Überträger fern- bzw. kurzzuhalten, die Moskitos. Das geht mit Netzen oder mit Insektiziden, vor allem mit DDT, es ist in vielen Regionen unentbehrlich.

Alternativ versucht man, die Moskitos als Verbündete zu gewinnen bzw. sie mit den Mitteln der Gentechnik dazu zu bringen. Daran arbeitet etwa Anthony James (University of California), er hat 2011 auch ein erfolgversprechendes Gen identifiziert, es sorgt in Mäusen für die Produktion von Antikörpern gegen die Malaria des Menschen, sie schaffen die Erreger weg.

Nun muss das Gen nur noch von Mäusen in Moskitos, das ist gentechnisch kein gröberes Problem. Wenn man damit aber die Malaria bekämpfen will, muss das Gen in alle Moskitos. Das konnten herkömmliche Gentechniken nicht leisten, und James scheiterte beim Versuch, ein „gene drive system“ zu etablieren: So nannte er 2005 eine utopische Technik, die die Gesetze Mendels außer Kraft setzen und dafür sorgen würde, dass alle Jungen auf beiden Chromosomen die gleichen Gene tragen, und dass es nach wenigen Generationen die ganze Population tut.

„Mutagenic chain reaction“

Letzten Dezember war es so weit, im Labor von James Gantz und Ethan Bier hat sich etwas ereignet, was die beiden in der Publikation „mutagenic chain reaction“ genannt haben (Science, 19. 3.): Ermöglicht wurde diese von der allerneuesten Finesse der Gentechnik, sie heißt CRIPR und kann Gene punktgenau aus Genomen herausschneiden und/oder in sie hineinbringen, Gantz/Bier haben sie an Fruchtfliegen angewandt. Sie dachten sofort an James, er nahm das Angebot zur Zusammenarbeit dankend an. Jetzt ist der erste Schritt getan, indische Moskitos sind im Labor in den USA mit der Resistenz ausgestattet worden: Fast 100 Prozent der Jungen hatten das Gen auf beiden Chromosomen, das ist ein zusätzlicher Trick von CRISPR, es sorgt dafür, dass das entsprechende Gen sich von seinem Chromosom auf das andere kopiert (Pnas, 23. 11.).

Ob und wann der zweite Schritt folgt und man solche Malaria-Abwehr in der freien Natur versucht, ist unklar, die Idee ist hoch umstritten, weil man nie mehr zurückholen könnte, was man freigesetzt hat. James will deshalb nichts übereilen, er weiß um die verbreitete Skepsis: „Wenn wir zu weit vorn sind, müssen wir warten, bis die Menschen uns folgen“ erklärt er Sciencenow (23. 11.): „Ich hoffe, dass ich nicht den Rest meiner Karriere warten muss, aber wenn wir keinen Weg finden, es ethisch zu tun, wird es nicht getan.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2015)

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