Zielgenaue Therapie für Menschen und Hunde

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Krebsforschung. Nicht nur Menschen leiden an Krebs, auch Haustiere. Wiener Forscher zeigten an Zellen von Hunden, welche Gene, Proteine und Signalwege bei der Entstehung von Metastasen mitspielen können.

Meist ist es nicht der Primärtumor, der Krebspatienten das Leben kostet, sondern Metastasen. Solche entstehen, wenn sich einzelne Zellen aus dem Tumor lösen und über die Blutbahn oder das Lymphsystem durch den Körper wandern. Irgendwo kann sich die Zelle einnisten und im neuen Organ eine Metastase bilden. Daher suchen Forscher weltweit nach Möglichkeiten, die Entstehung von Metastasen zu verhindern.

„Um etwas gezielt behandeln zu können, muss man erst vieles über den Prozess wissen“, sagt Sabine Macho-Maschler, Molekulargenetikerin der Vet-Med-Uni Wien. Zielgerichtete Therapie heißt das Schlagwort, das eng mit der personalisierten Medizin verbunden ist: Für jeden Patienten wird individuell nach der Behandlung gesucht, die bei ihm am besten wirkt. Die zielgerichtete Therapie soll schwere Nebenwirkungen verringern und schnellere Therapieerfolge ermöglichen.

Das Team der Vet-Med-Uni hat nun einen Prozess untersucht, der für die Metastasenbildung wichtig ist: Immerhin leiden nicht nur Menschen an Krebs, auch viele Haustiere entwickeln Tumoren. Fast jeder zweite Hund im Alter von zehn Jahren bekommt Krebs.

Die Behandlung ähnelt auch der von Menschen, das heißt: Operation und Strahlentherapie. Moderne Wirkstoffe kommen noch selten zum Einsatz.

Daher haben die Forscher nun im Labor an Zellen von Hunden die Grundlage dieses Prozesses analysiert. Bei der Metastasierung verwandeln sich Tumorzellen in aggressive Zellen, die sich in anderen Organen ansiedeln können. Für Menschen und Mäuse gibt es zahlreiche Untersuchungen, welche Gene, Proteine und Signalwege bei dem Prozess mitspielen.

Dass nun Hunde in den Fokus der Krebsforschung rücken, ist nicht neu. Die Vet-Med hat seit Jahren eine Kooperation mit der Med-Uni Wien, um Krebsdaten von Menschen und Hunden zu vergleichen: Findet man bei Menschen einen neuen Ansatz zur Krebsbekämpfung, kann das den Hunden dienen – und umgekehrt.

Ein Katalog für Hundedaten

„Unsere Forschung war nun nicht direkt auf eine Therapie gerichtet, sondern wir beschreiben den Prozess, der für die Metastasenbildung so wichtig ist, in vielen Details“, erklärt Macho-Maschler. Welche Gene sind aktiv, wenn sich die Zellen verwandeln? Welche Proteine werden dabei hergestellt? Welche Signalmoleküle wandern durch die Zellen? Wo können die Signalproteine andocken, um weitere Vorgänge auszulösen?

„Unsere Ergebnisse sind nun wie ein Katalog, in dem andere Forscher und Mediziner nachsehen können, wie das beim Hund abläuft“, sagt die Molekulargenetikerin. Ihr Team sucht immer weiter nach Mechanismen, die es Krebszellen ermöglichen, aus dem Primärtumor auszubrechen und auf Wanderschaft im Körper zu gehen.

„Die Zelle muss dann ohne ihre ursprüngliche Umgebung überleben“, sagt Macho-Maschler. Dort, wo sie sich zur Metastasenbildung festmacht, muss sie ihre Umgebung auch so verändern, dass sie eindringen und sich teilen kann. Und sie darf vom Körper nicht als fremd erkannt werden, sonst wird sie eliminiert.

„Vielleicht hilft unsere Grundlagenforschung nun, um auch für Hunde eine zielgerichtete Therapie zu ermöglichen: Dann könnte man untersuchen, welcher Tumor in dem einen Hund so behandelt werden muss und in dem anderen Hund anders.“ (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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