Auch unter Schimpansen wird vertraut

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Wer einen anderen gut kennt, gar sein Freund ist, schenkt ihm Vertrauen, nicht nur unter Menschen.

Man vertraut nicht von vornherein jedem, aber wenn man jemanden einmal als zuverlässig und fair kennen- und schätzen gelernt hat, dann tut man es blind, das ist ja nur menschlich! Nein, das ist nicht nur menschlich, unsere Cousins, die Schimpansen, halten es ganz genauso. Das zeigten Jan Engelmann und Esther Herrmann (MPI Evolutionäre Anthropologie), als die beiden Forscher halbwilde Schimpansen in einem Schutzgebiet in Kenia das Vertrauensspiel spielen ließen, mit dem Psychologen erkunden, wann Menschen einander vertrauen.

Bei denen geht das Spiel so: Es gibt zwei Teilnehmer, der eine (A) erhält vom Spielleiter Geld – echtes –, er kann dem anderen (B) davon abgeben, so viel er will. Dieser Betrag wird vom Spielleiter verdreifacht, und davon kann B nun A geben, so viel er will. Den größten Nutzen haben beide, wenn A alles abgibt und B die Hälfte zurück. Aber dazu muss A dem anderen, B, erst einmal vertrauen, und dazu muss er ihn kennen.

Als Leslie Kohn (Harvard Economic School) Partner miteinander spielen ließ, die einander nicht kannten, erhöhte sich das Vertrauen mit dem Grad der Information, ganz unabhängig vom Inhalt: Wer einem anderen gegenüber eingestand, schon einmal Drogen genommen oder Gewaltfantasien gehabt zu haben, erntete mehr Vertrauen und Geld, als jemand, der die Antworten verweigerte: Aufrichtigkeit schafft Vertrauen (Pnas 11. 1.).

Gibt er Anvertrautes zurück?

Und bei Schimpansen? Geld kennen sie nicht, aber Futter kennen sie, deshalb wurde das Spiel für sie variiert: Die Probanden sitzen einander gegenüber, hinter durchsichtigen Wänden. Die sind verbunden mit einem Brett, auf dem zweierlei Futterstücke und zweierlei Seile liegen. Das eine ist das Nicht-Vertrauens-Seil: Wer daran zieht, hat direkten Zugang zu einem wenig geliebten Bissen. Am Vertrauensseil hingegen hängt ein Leckerbissen: Aber der wird zu B transportiert, wenn A an dem Seil zieht. Der ganze Bissen ist B nicht zugänglich, den Rest kann er zurückschicken oder verkommen lassen. Das Ganze ist, wie bei den Menschen, eine Win-win-Situation.

Und die Schimpansen nutzen sie auch wie die Menschen: Wer einander schon kennt bzw. gut Freund mit ihm ist, der vertraut eher (Current Biology 14. 1.). Und das Vertrauen wird belohnt, von allen im gleichen Maß: Ob einer die Fuhre von einem Freund bekommen hat oder von einem Nichtfreund – er schickt dem anderen seinen Anteil gleich häufig zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2016)

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