Bald kommt die nächste Grippewelle

Junge Frau mit Fieberthermometer
Junge Frau mit Fieberthermometer(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Medizin. In dieser Grippesaison schützt die Impfung zwar gegen alle derzeit grassierenden Influenza-A-Typen. Doch gegen den B-Victoria-Typ wirkt der Dreifach-Impfstoff heuer nicht.

Plötzlicher Krankheitsbeginn und massives Krankheitsgefühl? Hohes Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen? Dann haben Sie vermutlich die echte Grippe, ausgelöst von Influenza-Viren. Im Gegensatz dazu beginnt ein grippaler Infekt, der von Hunderten verschiedenen Rhino-, Corona- oder Enteroviren hervorgerufen werden kann, schleichend und ist meist von starkem Schnupfen begleitet. Die Erkrankungszahlen steigen, der Beginn der Grippewelle steht kurz bevor.

„Während einer Grippewelle, die sechs bis acht Wochen dauert, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Atemwegserkrankung die echte Grippe ist, zirka 80 Prozent“, sagt Monika Redlberger-Fritz vom Department für Virologie der Med-Uni Wien. Hier wird die Influenza-Aktivität in Österreich überwacht.

„Es gibt zwei Überwachungssysteme“, sagt Redlberger-Fritz. Erstens das epidemiologische Meldesystem, bei dem die Anzahl an Neuerkrankungen pro Woche an die MA 15 in Wien bzw. das Gesundheitsamt der Stadt Graz gemeldet werden. Doch dieses unterscheidet nicht zwischen echter Grippe und grippalen Infekten. Die Zahl der Neuerkrankungen in Wien lag vorige Woche bei rund 9000. „Zweitens gibt es die virologische Überwachung an unserem Department“, sagt Redlberger-Fritz. „Wir haben in Österreich etwa 50 Ärzte, die bei Verdacht auf Influenza dem Patienten einen Nasen-Rachen-Abstrich abnehmen und zu uns senden. Wir untersuchen, ob darin Influenza-Viren vorhanden sind.“

Victoria verdrängte Yamagata

In der aktuellen Saison fanden die Forscher drei verschiedene Influenza-Typen: Das als Schweinegrippe bekannte Virus A H1N1, das seit der Pandemie im Jahr 2009 durch die Welt zirkuliert, das Influenza-A H3N2, das sich vorige Saison genetisch verändert hat, und Influenza-B der Victoria-Linie, das zuletzt 2010/2011 in Österreich vorgekommen ist. „Wir untersuchen auch, wie gut die Impfstoffe der Saison vor Erkrankungen schützen“, erklärt Redlberger-Fritz.

Letzten Winter passierte in Europa eine Genveränderung (Drift) des A-H3N2-Virus, sodass die Immunisierung der Impfung nicht mit dem Virus übereinstimmte und geimpfte Personen trotzdem an Influenza erkrankten. „Heuer haben wir zwar keinen Drift, aber es kam schon in der Influenza-Saison in Australien zu einem Switch zwischen den zwei Influenza-B-Linien“, sagt die Medizinerin.

Zu Beginn der Grippesaison im dortigen Winter (etwa Juni bis September) zirkulierten noch beide B-Linien, Victoria und Yamagata. Doch während der Grippewelle verdrängte die Victoria- die Yamagata-Linie. „Die aktuellen Dreifach-Impfstoffe immunisieren aber gegen die Yamagata-Linie. In Österreich und im restlichen Europa wurden in dieser Saison bei Influenza-B-Erkrankungen nur Viren der Victoria-Linie gefunden.“

Das heißt, wer sich mit dem klassischen Dreifach-Impfstoff gewappnet hat, ist gegen den aktuell grassierenden B-Victoria-Virus nicht immun. Nur der seltener eingesetzte Vierfach-Impfstoff, ein Lebend-Impfstoff, der an Kinder und Jugendliche als Nasenspray verabreicht wird, enthält auch eine Immunisierung gegen die nun auftretende Victoria-Linie.

20 Prozent: Influenza-B-Viren

„Doch bisher wurden 80 Prozent der Erkrankungen in Österreich von Influenza-A-Viren verursacht, hauptsächlich vom Typ A H1N1, die durch den Impfstoff sehr gut abgedeckt werden“, sagt Redlberger-Fritz. Eine Einschätzung, wie sich die Ausbreitung der unterschiedlichen Influenza-Typen entwickeln wird, kann sie noch nicht abgeben: Die Virologen sehen selbst nur von Woche zu Woche, welche Viren überhandnehmen.

Österreich sei jedenfalls das Schlusslicht Europas, was die Durchimpfungsrate betrifft: Weniger als zehn Prozent der Einwohner sind gegen Influenza geimpft.

ANSTECKUNG VERMEIDEN

Händewaschen, Handdesinfektion: Als Kranker nach jedem Kontakt mit dem Nasen-Rachen-Raum, nach jedem Schnäuzen. Als Gesunder: Nach Kontakt von Oberflächen, die von vielen Menschen benutzt werden (U-Bahn-Griffe, Liftknöpfe, Türschnallen, Bankomattasten etc). Influenzaviren bleiben über Stunden auf Oberflächen ansteckend bzw. können einige Meter durch die Atemluft übertragen werden.

Lüften: Regelmäßiges Durchlüften verringert die Virenbelastung im Raum.

Wichtig: Zuhause bleiben, bis die Symptome abgeklungen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.