Das Klima der Vergangenheit liegt im Eis

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Symoblbild.(c) APA/AFP/Clement Sabourin
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Innsbrucker Forscher untersuchen kilometerlange Eisbohrkerne in der Antarktis: In diesen sind jahrtausendealte Informationen über das Klima gespeichert, etwa die Niederschlagsmenge oder die Temperatur.

Das Klima ändert sich. Den menschlich verursachten Wandel gibt es mit Sicherheit. Wir wissen aber nicht, wie es sich ohne die Einwirkung des Menschen verändert hätte: „Ein konstantes Klima hat es nie gegeben“, sagt Elisabeth Schlosser, Eis- und Klimaexpertin des Innsbrucker Instituts für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften. Den menschlichen Anteil des Wandels in Klimamodellen zu quantifizieren, sei etwas vermessen. Modelle liefern lediglich Szenarien und keine Vorhersagen.

Um das Klima besser zu verstehen, bessere Modelle zu entwerfen und bessere Vorhersagen treffen zu können, müsse zunächst dessen Vergangenheit detailliert erforscht werden. Informationen liegen im Eis der Antarktis oder Grönlands. Genau darum geht es im vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) finanzierten Forschungsprojekt Atmosphärische Einflüsse auf stabile Isotope in Antarktika. Schlosser und ihr Team verbessern dabei die Analyse von Bohrkernen aus dem antarktischen Eisschild. Das Eis ist dort so dick, dass die Kerne bis zu drei Kilometer lang sein können. Das heißt, die Forscher stoßen hier auf uralten verdichteten Schnee – sprich Eis –, der nie geschmolzen ist. Das bisher älteste in der Ostantarktis gefundene Eis ist 800.000 Jahre alt.

Der verdichtete Schnee ist „kein gefrorenes Wasser, wie es in der Kühltruhe entsteht“, sagt Schlosser. Es handelt sich zwar um Eis, das jedoch Luftbläschen enthält. Diese können die Forscher untersuchen und somit Informationen über die Atmosphäre vor hunderttausenden Jahren gewinnen. Sie können etwa den CO32-Gehalt in den Kernen messen.

Temperaturen von vorgestern

Schlosser konzentriert sich im aktuellen Projekt auf verschiedene Arten von Molekülen im Eis, sogenannte stabile Isotope des Wassers. Aus dem Verhältnis dieser verschiedenen Isotope im Eis können die Forscher Informationen über die Temperatur aus frühester Vergangenheit bekommen.

Um diese korrekt zu berechnen, müssen die Forscher zunächst verstehen, wie das Eis im Bohrkern aus dem Schnee gebildet wurde. Zudem müssen sie wissen, wo die Luftfeuchtigkeit für den Niederschlag hergekommen ist, denn das beeinflusst das Isotopenverhältnis. Daher messen und analysieren sie parallel dazu auch moderne, meteorologische Daten.

Die Feldforschung in der Antarktis startet im kommenden Südsommer (Dezember bis Februar). Dort untersuchen die Wissenschaftler nicht nur die Isotope des Schnees, sondern auch jene des Wasserdampfes, der bei jeder Art von Niederschlag eine entscheidende Rolle spielt. Sie werden an der deutschen Forschungsstation Neumayer III mit einem neuen Messgerät kontinuierlich gemessen: ein Fulltimejob.

Natur, Schnee, Eis und Kälte

Freizeitmöglichkeiten in der Antarktis sind spärlich vorhanden. Hunde als Gefährten seit Jahren verboten. Doch die Forscher sind, aus Sicherheitsgründen, niemals allein am antarktischen Stützpunkt, wo die Österreicher gemeinsam mit anderen Forschern leben und arbeiten. Die Wissenschaftler dort teilen die Leidenschaft für Natur, Schnee, Eis und Kälte: „Wenn ich zwischen der Südsee und der Antarktis wählen könnte, fiele meine Wahl jedenfalls auf die Antarktis“, sagt Schlosser.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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