Elektronischer Rückenwind aus der Trinkflasche

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Wie lässt sich aus einem normalen Fahrrad ein E-Bike machen? Ein Villacher Start-up entwickelt einen montierbaren Nachrüstsatz, mit dem sich jedes Mountainbike oder Stadtradl mit Elektromotor aufrüsten lässt.

Von der Studenten-WG bis zur FH Kärnten in Villach hatte Fabian Gutbrod nur drei Kilometer zu fahren. Eigentlich eine ideale Radstrecke, wären da nicht die Hügel, rauf und runter, wenn man ohnehin schon zu spät dran ist. „Dann sitzt man verschwitzt auf der Uni“, erzählt der gelernte KfZ-Elektriker. Sechs Jahre später ist das alles kein Problem mehr. Mittlerweile fährt er täglich 30 Kilometer in die Arbeit. Geht es bergauf oder bei Gegenwind dreht er am Verschluss der Trinkflasche und aktiviert so die den Elektromotor. In der Flasche, die am Fahrradrahmen befestigt ist, versteckt sich nämlich der Akku von add-e.

So heißt der Nachrüstsatz, den Fabian Gutbrod erfunden hat. Er macht sein Mountainbike und andere Fahrradtypen zum E-Bike. Das Start-up schaffte es nun in die geförderten Top 10 der E-Mobility Challenge des Technologieministeriums. Bis es soweit war, sind sechs Jahre Entwicklungszeit vergangen. Mittlerweile ist das Nachrüstsystem optimiert und nur noch 2,2 Kilogramm schwer. Ein Rundzellenakku liefert 160 Wattstunden Leistung.

Begonnen hat Fabian Gutbrod das Projekt im zweiten Semester seines Mechatronikstudiums. Da zerlegt er den Tante-Paula-Roller, „der bei uns in der Garage herumstand“. Er nimmt sich die einzelnen Komponenten und baut die elektrische Unterstützung rudimentär auf das Fahrrad. Den Akkuhalter schweißt er direkt an den Rahmen, die Bleibatterien befestigt er am Gepäcksträger, den Gasgriff am Lenker. Nach einigen Monaten vertragen die Bleibatterien die hohen Ströme nicht mehr. Er beginnt sich nach einem Elektrorad umzuschauen. „Damals gab es noch keine vernünftigen E-Bikes. Die waren klobig, schwer, fast ausschließlich Cityrad-Modelle.“ Gutbrod will sein Mountainbike nicht dagegen eintauschen.

Der ideale Zusatzantrieb

Gemeinsam mit dem ehemaligen Radprofi und Maschinenbauer Thomas Pucher beschäftigt er sich dann drei Jahre mit Modellbau, möglichen Batterien, gut 15 unterschiedlichen Fahrradtypen und baut verschiedene Antriebsmotoren. Der ideale Zusatzantrieb sollte leicht und unauffällig sein und reichlich Kraft haben. Außerdem soll er auf das vorhandene Fahrrad passen und für jedermann zu montieren sein, ohne eine Fachwerkstatt aufsuchen zu müssen.

Das Reibrollenkonzept macht das Rennen, da es am Leichtesten und Kleinsten ist. Die Kraft der Antriebseinheit überträgt sich direkt ohne zusätzliches Getriebe von einer Rolle auf den Hinterreifen. Den Motor selbst montiert man im Bereich des Tretlagers. Und in einer Trinkflasche ist der Lithium-Akku versteckt. Diese vier Komponenten bilden den Nachrüstsatz, der mit einem modularen Steckmechanismus jedes Zweirad mit Energie bestücken kann. Die Erstinstallation dauert in etwa eine halbe Stunde.

„Die Sportlichkeit steht weiterhin im Vordergrund“, sagt Gutbrod. Dazu muss das Rad leicht sein. Bei den herkömmlichen E-Bikes schleppt man 20 Kilo mit sich herum. Das merkt man beim Bremsen, beim Kurvenfahren und vor allem bergauf. Außerdem denkt Gutbrod wieder an seine Studentenzeit: „Ich kenne Studenten, die ihr Rad zweimal am Tag in den dritten Stock hinaufschleppen. Das tut sich mit einem schweren E-Bike keiner an.“ Mit add-e kommen nur 2200 Gramm dazu. Und elektronischer Rückenwind, immer dann, wenn man ihn braucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2016)

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