Vögel und Primaten sind gleich schlau

  • Drucken

Obwohl ihre Gehirne sehr unterschiedlich sind: Manche Vogelarten sind so klug wie Menschenaffen. Sie erkennen sich etwa selbst im Spiegel.

Gehirne von Vögeln und Säugetieren unterscheiden sich deutlich. Vögeln fehlt etwa der Neocortex, der bei Säugern für höhere kognitive Leistungen verantwortlich ist. Dennoch sind kognitive Fähigkeiten von Vögeln jenen von Primaten ebenbürtig. Wiener Forscher berichten nun mit Kollegen im Fachjournal "Trends in Cognitive Sciences" über diverse Ähnlichkeiten in den Gehirnen der beiden Tiergruppen.

In ihrem Übersichtsartikel haben der Kognitionsbiologe Thomas Bugnyar von der Universität Wien und Onur Güntürkün von der Ruhr-Universität Bochum verschiedene Studien analysiert, die diverse kognitive Fähigkeiten von Vögeln nachgewiesen haben. Sie zeigten dabei, dass "das mentale Geschick von Rabenvögeln und Papageien ebenso ausgeprägt und vielfältig ist wie das der Menschenaffen", so Güntürkün, Leiter der Abteilung Biopsychologie in Bochum, in einer Aussendung der Uni Wien.

Rabenvögeln können sich im Spiegel erkennen

Während man bisher vielfach davon ausging, dass die Vögel ihre kognitiven Fähigkeiten nur in speziellen Bereichen, wie beim Verstecken von Futter, anwenden können, zeigen verschiedene Untersuchungen - darunter auch viele von Bugnyar an Rabenvögeln - die Breite ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit: Sie können unter anderem logisch denken, sich selbst im Spiegel erkennen und sich in andere hineinversetzen. Und das trotz der großen anatomischen Unterschiede im Gehirn von Vögeln und Säugetieren.

Meistern letztere komplexe mentale Aufgaben im Neocortex, läuft dies bei Vögel in äquivalenten Strukturen des Großhirns ab. Zudem unterscheidet sich die Gehirngröße der beiden Tiergruppen wesentlich: "Während die Gehirne von Menschenaffen durchschnittlich 275 bis 500 Gramm auf die Waage bringen, schaffen es die kognitiv ebenso geschickten Vögel ohne Kortex gerade einmal auf 5 bis 20 Gramm", so Bugnyar.

Wie sind die Ähnlichkeiten entstanden?

Die Wissenschafter fragten sich deshalb, "ob es möglich ist, dass sich in 300 Millionen Jahren unabhängiger Entwicklung der Arten sehr unterschiedliche Hirnmechanismen für komplexe Denkprozesse entwickelt haben". Bei ihrer Auswertung zeigte sich, dass sich trotz der offensichtlichen Unterschiede im Detail diverse Gemeinsamkeiten zeigen: Einzelne Gehirnareale sind zum Beispiel auf ähnliche Weise verschaltet und beide Tiergruppen besitzen eine präfrontale Hirnstruktur, die ähnliche exekutive Funktionen steuert.

Unklar ist noch, wie solche Ähnlichkeiten entstanden sind. Die neuronale Basis dafür könnte von den gemeinsamen Vorfahren von Vögeln und Säugetieren stammen. Für wahrscheinlicher halten die Autoren aber, dass die Gemeinsamkeiten unabhängig voneinander in der Evolution entstanden sind, da beide Tiergruppen vor ähnlichen Herausforderungen standen. Das würde bedeuten, dass bestimmte Verschaltungsmuster im Gehirn notwendig sind, um höhere Denkleistungen zu erbringen.

Klar ist für die Forscher, dass der Neocortex der Säugetiere für komplexe Kognition nicht erforderlich ist. Und auch das relative Hirngewicht spielt offensichtlich für die mentalen Fähigkeiten keine Rolle.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.