Buntbarsche gleichen ihre Geschlechterrollen an

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Evolution.Der Tropheus moorii ist eine Buntbarschart, die nur im afrikanischen Tanganjikasee lebt. Männchen und Weibchen verteidigen ihre Fressreviere: Sie erfüllen dieselben sozialen Rollen und gleichen daher ihr Aussehen an.

Welchen Herausforderungen sich Individuen stellen müssen, wirkt sich in der Evolution auf ihr Äußeres aus. Wenn es etwa mehr paarungsbereite Männchen als Weibchen gibt, konkurrieren diese um die Fortpflanzung. Die Weibchen suchen sich ihren Partner hingegen aus. Das kann dazu führen, dass Männchen ein größeres oder farbenprächtigeres Äußeres haben: Beim Tropheus moorii sehen beide Geschlechter gleich aus.

Kristina Sefc, Biologin der Universität Graz, untersucht diese Buntbarschart im Rahmen des vom Österreichischen Forschungsfonds (FWF) unterstützten Projekts „Soziale Konkurrenz und sexueller Monomorphismus“. Sie wies bereits in einer Vorstudie nach, dass diese im afrikanischen Tanganjikasee lebenden männlichen wie weiblichen Fische sich in ihrer Körpergröße nicht unterscheiden. Nun will sie noch beweisen, dass beide Geschlechter von ihrer Färbung profitieren. Dazu misst sie die Breite der gelben Streifen des ansonsten schwarzen Fisches. Die männlichen und weiblichen Vorfahren der Fische sahen unterschiedlich, oder dimorph, aus. Nun sind diese Buntbarsche gleich groß und gleich auffällig gefärbt: Sie wurden monomorph.

Konkurrenz wirkt auf Äußeres

Die Hypothese der Forscherin ist, dass die Weibchen die Männereigenschaften übernehmen mussten, weil sie mit ihnen in Konkurrenz um Fressreviere stehen. Die Tiere weiden Algen von Felsen ab, wobei sie den größten Teil ihres Lebens in einem kleinen Bereich verbringen: „Die Fische stehen nun Modell für die Idee, dass soziale Rollen, etwa um Konkurrenz von Territorien, zum Verlust von sexuellen Dimorphismus führt“, sagt Sefc.

Buntbarsche gibt es weltweit. In den großen afrikanischen Seen Tanganjika, Viktoria und Malawi leben jeweils Hunderte Arten, die nur in diesen Gewässern vorkommen. Zudem sind sie evolutionsbiologisch sehr jung: von wenigen Millionen bis zu Hunderttausenden Jahren alt. Das bedeutet, dass die Fische dort in einer relativ raschen Geschwindigkeit entstanden sind: „Das ist beinahe Evolution zum Zuschauen“, sagt Sefc.

Stimmt die Hypothese der Biologin, dann gab der Tropheus moorii seine äußere Geschlechterungleichheit auf, weil das Verhalten beider ähnlich sein muss. Gerade die Farben der Fische signalisieren das: Denn die Kommunikation um die Partnerwahl oder um einen Revierkampf läuft nicht immer blutig ab, sondern wird auf das äußere Erscheinungsbild ausgelagert. Farben, die bei den Fischen besonders gut ausgebildet sind, signalisieren dass er gesund und stark ist, sich gut ernähren kann oder – bei Weibchen – viele Nachkommen produzieren kann.

Die Weltreise der Fische

Die Anpassung der Weibchen an die Männchen verschafft ihnen Konkurrenzfähigkeit. Das erinnert Sefc an das Bild der ersten Frauen auf dem Fahrrad: „Hier konnten Damen in (Männer-)Hosen flotter unterwegs sein als Frauen in Röcken und auf dem Damensatttel.“

Sefc forscht in Graz am lebenden Objekt. Sie bezieht ihre Buntbarsche über einen Münchner Aquarienhändler. Bei ihm bestellt sie Fische aus bestimmten Regionen im Tanganjikasee. Dieser lässt sie von einheimischen Fischern fangen und transportiert sie nach Bayern, wo sie von der Biologin abgeholt werden: „Auch wenn ich an einer australischen Uni forschte, würde ich womöglich mit Fischen aus Afrika arbeiten“, sagt sie. (por)

LEXIKON

Die Morphologie beschreibt die Entwicklung, Form und Lage von Körperteilen eines Organismus – also von Tieren, Pflanzen und Bakterien – und die äußere Gestalt von diesen. Haben Männchen und Weibchen eine einheitliche Ausprägung, etwa dieselbe Körpergröße und dieselben Signalfarben, spricht die Forschung von einer monomorphen Gestalt. Der Buntbarsch Torpheus moorii aus dem afrikanischen Tanganjikasee entwickelte sich zu dieser Gleichgestaltigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2016)

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