Gesundheit: Für sicheres Wasser sorgen

Armatur im Badezimmer
Armatur im BadezimmerFrédéric Cirou/PhotoAlto/picturedesk.com
  • Drucken

Wissenschaftler der Med-Uni Wien wollen mit ihrer Arbeit verhindern, dass Wasser krank macht. Ein international eingesetztes Prüfverfahren für die Desinfektion von Wasser mit UV-Strahlung kommt aus Österreich.

Was verbindet Paris, London, Wien und seit Jahresbeginn auch New York? In all diesen Städten wird das Trinkwasser mit ultravioletter (UV) Strahlung desinfiziert. Funktioniert eine solche Anlage nicht, wie sie soll, können sich Krankheitsauslöser über das Wasser verbreiten. Ein Szenario, das Zigtausende Menschen gefährden kann. Daher ist es wichtig, Anlagen zur UV-Desinfektion nach strengen Vorgaben zu prüfen. Die Norm, nach der das passiert, kommt aus Österreich und ist mittlerweile internationaler Standard. Forscher der Med-Uni Wien entwickeln sie ständig weiter und prüfen UV-Anlagen von Herstellern aus aller Welt.

In großen Lastwagen liefern die Hersteller die UV-Anlagen zur Versuchshalle im Wasser-Technikum Wiental. Die Forscher bauen diese auf und testen sie bei unterschiedlichen Durchflüssen und Wasserqualitäten. Dazu kommt eine zuvor im Labor auf ihre Empfindlichkeit getestete Mischung an Bakterien, mit denen sich die desinfizierende Wirkung der UV-Strahlen messen lässt.

„Um sicherzugehen, dass die UV-Anlagen funktionieren und nicht nur blau leuchten, werden viele Parallelproben entnommen und mehrfach analysiert. So lassen sich Zufallsbefunde ausschließen“, sagt Regina Sommer,Leiterin der Abteilung für Wasserhygiene der Med-Uni Wien. Im gemeinsam mit der TU Wien betriebenen Interuniversitären Kooperationszentrum ICC Wasser und Gesundheit wollen die Wissenschaftler mit ihrer Arbeit verhindern, dass Wasser Krankheiten verursacht. „In der Hygiene als angewandtem Bereich ist es wichtig, neben der universitären Lehre und Forschung auch immer mit einem Fuß in der Praxis zu stehen“, sagt Sommer.

Ö-Norm zugleich auf Englisch

Die Wasserhygienikerin war von Anfang an dabei. Die Forschungsbasis für das Prüfverfahren stammt aus ihrer Dissertation. Seit den 1990er-Jahren arbeitete sie an der Standardisierung des Testverfahrens, 2001 wurde die Norm veröffentlicht, Sommer präsentierte sie noch im selben Jahr bei einem internationalen Kongress in Washington. „Die Ö-Norm wurde zugleich auf Englisch veröffentlicht, weil das Interesse der anderen Länder so groß war“, erzählt sie.

Warum dauerte es dennoch rund fünfzehn Jahre, bis etwa New York seine UV-Anlage – aktuell übrigens die größte der Welt – einrichtete? „Die Menschen waren gewöhnt, dass ihr Wasser nach dem Chlor schmeckt, mit dem es desinfiziert wird“, sagt Sommer. Doch Chlor schützt nicht gegen Parasiten, UV-Strahlung sehr gut. Nach einer großen Epidemie in Michigan, USA, bei der400.000 Menschen erkrankten, fand ein Umdenken statt.

Damit Wasser als Trinkwasser anerkannt wird, muss es strenge chemische und mikrobiologische Anforderungen erfüllen. Ist es mikrobiologisch verunreinigt, muss man es desinfizieren: mit Chlor, Ozon, im Notfall durch Abkochen oder eben mit UV-Strahlung. Wie funktionieren nun Geräte, die Wasser mit Licht desinfizieren? „Das UV-Licht kommt aus einem oder mehreren Strahlern, die wie Leuchtstoffröhren aussehen“, erklärt Sommer. Diese sind hinter Quarzglas in einer Edelstahlkammermontiert und bestrahlen das vorbeiströmende Wasser mit einer Wellenlänge von 254 Nanometern.

Bruchteile von Sekunden reichen aus, um die Mikroorganismen zu schädigen: Viren, Bakterien und Parasiten können sich nach der UV-Bestrahlung nicht mehr vermehren. Damit können sie im menschlichen Körper nichts mehr anrichten.

Bakterien finden sich übrigens in jedem Wasser: Unter dem Mikroskop betrachtet seien in einem Milliliter sauberem Trinkwasser 30.000 bis 50.000 Bakterienzellen zu erkennen, so die Forscherin. Das sei normal und ungefährlich, Wasser ist eben nicht steril. Welche Bakterien sich im Wasser finden, hängt von seiner Herkunft ab: Jedes Wasser hat seinen eigenen chemischen und mikrobiologischen Fingerabdruck.

Wasservorkommen schützen

Österreich ist mit seiner Wasserqualität privilegiert – auch im europäischen Vergleich. Was sind also hierzulande wichtige Aufgaben für die Wasserforscher? „Der Schutz unserer Wasservorkommen vor mikrobiologischen und chemischen Verunreinigungen“, sagt Sommer.

Das gelte etwa auch für die sensiblen Quellen des Rax-, Schneeberg- oder Hochschwabgebietes. Hier geht es darum zu verhindern, dass Verunreinigungen durch Wild- und Weidetiere, aber auch durch Wanderer in die Hochquellenleitungen gelangen. Chemische Schadstoffe wiederum können durch Industrie oder Landwirtschaft ins Wasser kommen oder durch Gestein, das von Natur aus Arsen und Uran enthält. Nicht immer ist also der Mensch schuld an einer Verschmutzung.

Was rät Sommer Verbrauchern, die daheim beim Trinken aus der Leitungauf Nummer sicher gehen wollen? Das Wasser rinnen lassen, bis es kalt ist. Denn wenn Wasser in der Leitung steht, können sich Bakterien vermehren oder schädliche Stoffe aus den Materialien von Leitungen und Armaturen lösen.

IN ZAHLEN

30.000 bis 50.000 Bakterienzellen tummeln sich in einem Milliliter Trinkwasser. Das ist aber ganz normal.

254 Nanometer Wellenlänge hat die UV-Strahlung, die Mikroorganismen unschädlich macht. Forscher testen, ob weltweit verwendete Desinfektionsanlagen funktionieren.

(Print-Ausgabe, 02.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.