Der Sound von Alpbach

Tontechnik. Tagsüber Konferenzraum, abends Konzertsaal? Ein intelligentes Klangsystem aus Österreich sorgt dafür, dass sich die Akustik im Alpbacher Erweiterungsbau anhört wie die der Carnegie Hall oder des Wiener Musikvereins.

Insgesamt 30 Mikrofone und 60 Lautsprecher hängen an den Decken und Wänden des neuen Zubaus zum Alpbacher Konferenzzentrum. Sie bilden das „Ohr“ eines ausgeklügelten digitalen Systems, das den Konferenzbesuch zum Klangerlebnis machen soll. Denn die Tonsignale – ob vom Nobelpreisträger oder der Chellistin – gehen an einen Prozessor, der sie neu aufbereitet. Und zwar so, wie es den Wünschen der Veranstalter entspricht.

„Mehrzwecksäle müssen akustisch viele, mitunter völlig unterschiedliche, Anforderungen erfüllen“, sagt Fabio Kaiser. Er ist Projektleiter der Firma Rohde-BeSB, die das intelligente Klangsystem erstmals in Österreich installiert. Bei einem Vortrag oder einem Theaterauftritt gehe es in erster Linie darum, das gesprochene Wort gut zu verstehen. Bei einem Orchester- oder Chorkonzert wolle man vielmehr „eine musikalische Einhüllung“, so Kaiser.

Amadeus Active Acoustics heißt das Produkt, das „alle Stückerln“ spielen soll. „Mozart war ein Vordenker seiner Zeit und hat in der Musik viel Neues probiert“, erklärt Kaiser. Außerdem sei der Name passend, weil das 2006 gegründete Unternehmen in Salzburg sitzt. Premiere hatte das neue System im Februar in Deutschland: im 3600 Personen fassenden Kuppelsaal in Hannover. Ab August regelt es den Sound von Alpbach.

Geht es nach seinen Entwicklern, könnte das System künftig nach und nach konventionelle Lösungen, mit Schall umzugehen, ablösen. Denn diese seien meist aufwendiger und teurer, so Kaiser: Man müsse mechanische Systeme eben regelmäßig warten, genauso wie man bei einem Auto immer wieder das Pickerl machen müsse. Drehbare Paneele etwa, bei denen eine Seite Schall reflektiert, die andere absorbiert, nutzen sich ab. Außerdem brauche es Personal, das sie verrückt. Und überdies beeinträchtigten solche mechanische Maßnahmen oft die Architektur.

Im neuen Alpbacher Erweiterungsbau soll das jedenfalls der Vergangenheit angehören. Denn hier lässt sich ab Sommer schnell und einfach steuern, ob die Akustik der Carnegie Hall, des Wiener Musikvereins oder einer Freiluftarena entsprechen soll.

Musiker leihen „goldenes Ohr“

Durch die zahlreichen Lautsprecher im Raum entsteht außerdem ein räumlicher Eindruck des Gehörten, die Veranstalter versprechen eine „3-D-Akustik wie in modernen Kinos“. Auch Klangatmosphären lassen sich so schaffen: Sie geben dem Besucher das Gefühl, mitten im Wald oder am Strand zu stehen. Selbst wenn der Eindruck auf künstlichem Weg entsteht: „Für die optimale Akustik ist vor allem die Natürlichkeit wichtig“, so Kaiser. Diese sei einerseits durch die hohe Qualität der Hardware gegeben. Andererseits erfolgen die Feineinstellungen gemeinsam mit Musikern und Tonmeistern. „Sie leihen uns ihr goldenes Ohr.“ Selbst die beste Technik braucht also immer noch den Menschen.

Um Kunst und Technik zu verbinden, haben Kaiser und seine Kollegen Elektrotechnik-Toningenieurwesen studiert, ein universitätenübergreifendes Studium der Kunstuni und der TU Graz. Auch für sie ist Musik mehr als nur ein Beruf: Kaiser etwa spielt Gitarre, Piano und singt.

Die große Premiere für das intelligente Klangsystem findet übrigens am 26. August beim Europäischen Forum Alpbach statt: mit einem Konzert des Cellisten Friedrich Kleinhapl, mit dem das Unternehmen auch in anderen Projekten zusammenarbeitet.

IN ZAHLEN

30Mikrofone und 60 Lautsprecherbilden künftig im Erweiterungsbau des Alpbacher Konferenzzentrums ein elektronisches „Ohr“.

256Ein- und Ausgänge hat der Prozessor, das Herzstück des Systems, das die Tonsignale aufnimmt und wunschgemäß umwandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2016)

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