Salz: Nicht zu viel, und bloß nicht zu wenig!

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Wende im „Krieg ums Salz“: Bei normalem Blutdruck bedroht reduzierter Konsum das Herz.

„Beim Öl ein Verschwender, beim Essig ein Geizhals, beim Salz ein Weiser!“ So empfahl es die Großmutter, und die hatte es von ihrer Großmutter, der Gaumen gibt ihnen recht, Versalzenes bringt man nicht hinab, Salzloses schwer. Irgendwo in der Mitte muss sie liegen, die Prise des „Weißen Golds“, das so unverzichtbar war und ist, dass Fürstentümer darauf errichtet und Kriege darum geführt wurden.

Die setzen sich in der Medizin fort: In den 1940er-Jahren bemerkte man, dass eine Diät zu hohen Blutdruck senken kann, darüber herrscht Konsens bis heute. Aber in den 1970er-Jahren kam das Gegenstück: Viel Salz erhöhe den Blutdruck und mit ihm die Gefahr von Herzattacken; Versuche an Ratten und ökologische Studien an Menschen hatten es gezeigt. Aber den Ratten hatte man absurde Mengen verabreicht, entsprechend einem Pfund pro Tag und Mensch, und in ökologischen Studien vergleicht man ethnische Gruppen mit unterschiedlichen Lebens- und Ernährungsgewohnheiten.

Vorsicht nur bei hohem Druck!

Seitdem wird ein innermedizinischer „Krieg ums Salz“ geführt, er ist auch nach Tausenden Studien nicht entschieden. Nun kommt die jüngste Studie, Andrew Mente (McMaster University, Kanada) hat Daten von über 130.000 Menschen in 49 Ländern ausgewertet: Demnach ist vor allem zu wenig Salz für das Herz gefährlich, weniger als drei Gramm pro Tag, und zwar unabhängig vom Blutdruck, bei niederem steigt das Herz- und Hirnschlagrisiko. Nur wenn der Druck ohnehin zu hoch ist, bringt auch viel Salz, über sechs Gramm, das Herz in Gefahr („The Lancet“, 20. 5.). Mente sieht deshalb keinerlei Grund für die in vielen Ländern betriebenen Kampagnen zur Senkung des Salzbedarfs: Der Durchschnittskanadier nimmt zwischen 3,5 bis 4,5 Gramm pro Tag zu sich, in vergleichbaren Ländern ist es ebenso, das sei gerade das rechte Maß.

Das Urteil klingt salomonisch, den Krieg ums Salz kann es aber nicht beenden: „Man kann gar nicht glauben, dass so schlechte Wissenschaft in ,Lancet‘ publiziert wird“, kritisiert Francesco Cappuccio von der Weltgesundheitsorganisation WHO und einer britischen Kampagnengruppe zur Senkung des Salzkonsums: Er meint Methodisches, etwa die Abschätzung des Salzkonsums aus dem Morgenurin. Eoin O'Brian (Dublin), der in „Lancet“ einen Begleitkommentar geschrieben hat, will die Wogen glätten: „Wenn ein Dogma erschüttert wird, sollte man von wissenschaftlicher Ungewissheit reden, um ungebührliche Rhetorik zu vermeiden.“

(Print-Ausgabe, 24.05.2016)

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