Seile machen Sonnenkollektoren sturmfest

Energie.Das österreichische Start-up-Unternehmen Solabolic will mit seinem Patent Sonnenenergie effizienter nutzen. Eine Hängebrücken-Technologie soll größere Parabolspiegel ermöglichen und dabei Kosten senken.

In einer 16 Meter hohen Werkshalle in Wien Liesing steht der Prototyp eines neuen Parabolrinnen-Kollektors. Solche konkav, also nach innen, gewölbten Spiegel zur Bündelung des Sonnenlichts sind an sich nichts Neues. Lange schon werden sie in Solarwärmekraftwerken verbaut, um Sonnenenergie zu konzentrieren, auf Absorberrohre zu übertragen und als Wärmeenergie weiterzuleiten. Dabei gilt das Prinzip, dass die Effizienz der Anlagen mit der Breite der einzelnen Spiegelelemente steigt. Unter anderem deshalb, weil man bei einer größeren Fläche trotzdem nur das eine Absorberrohr benötigt, auf dem dann aber mehr Sonnenenergie konzentriert werden kann.

Hier beginnt das Problem, denn mit der Breite steigen auch Anforderungen an die Statik der Kollektoren. Schließlich sollen sie nicht nur das Sonnenlicht einfangen, sondern auch einem Sturm und ihrem Eigengewicht standhalten. Geringste Verschiebungen oder Verwindungen können dazu führen, dass die perfekte parabolische Form des Spiegels ins Wanken gerät und das Sonnenlicht nicht optimal bündelt. „Die optische Präzision spielt eine große Rolle beim Wirkungsgrad“, erklärt Solabolic-Gründer Ahmed Adel. Deshalb sind herkömmliche Parabolrinnen-Kollektoren kaum breiter als sieben Meter und verlangen eine robuste, materialaufwendige und damit teure Konstruktionsweise. Adel verspricht Abhilfe. Der 33-jährige Ägypter hat seinen Master-Abschluss an der TU Wien gemacht und lebt seit mehr als sieben Jahren in Österreich.

Aus Ländern mit viel Sonne

Mit seiner patentierten Erfindung will er einer neuen Generation von Parabolrinnen-Kollektoren zum Durchbruch verhelfen. „Wir können mit unserer Technologie viel größere Kollektoren herstellen, das erhöht die Wirtschaftlichkeit signifikant“, verspricht Adel. Sie sollen mit zwölf bis 15 Metern deutlich über die bisherigen Breiten hinausragen, gleichzeitig den Materialaufwand um bis zu 30 Prozent senken und Transport und Herstellung vereinfachen. Viele der Komponenten ließen sich aus den sonnenreichen Ländern des Nahen Ostens oder Nordafrikas beziehen, was einen guten Teil der Wertschöpfung dort belassen würde, wo die Kraftwerke auch aufgebaut werden. Ein wichtiges Argument für Staatenlenker, hofft Adel.

Den Kern der Technologie vergleicht er mit der Konstruktion einer Hängebrücke. Diese spart durch die Kraftübertragung auf Stahlseile eine Menge an Beton und erlaubt gleichzeitig eine enorme Vergrößerung der Spannweiten – die längste Hängebrücke der Welt überwindet in Japan annähernd zwei Kilometer von Pfeiler zu Pfeiler. Dasselbe Prinzip nutzt Adel, um mit Seilen ein flexibles, gewichtsreduziertes Spiegelblech oder -glas auch bei großen Windlasten in der perfekten parabolischen Form zu halten. Die Konstruktion ließe sich auch mit relativ einfachen Mitteln in abgelegenen Wüstengebieten zusammenbauen.

Derzeit verhandelt Adel mit potenziellen Projektpartnern in den Vereinigten Arabischen Emiraten über den Bau einer Pilotanlage. Die gewonnene thermische Energie soll eine Meerwasser-Entsalzungsanlage speisen. Adels Herkunft aus dem Sonnenland Ägypten dürfte kein Zufall sein. „Ich hatte immer die Vorstellung, dass die Solarenergie eine Antwort auf eines der größten Probleme der Menschheit sein könnte.“

LEXIKON

Parabolrinnen-Kollektoren sind meist in Nord-Südrichtung aufgestellt und folgen via Stellmotor dem Sonnenlauf, sodass deren Strahlen stets senkrecht einfallen und auf einer Brennlinie, dem Absorberrohr, konzentriert werden. Es enthält ein Thermoöl, das sich auf mehrere Hundert Grad erhitzt und die thermische Energie weiterleitet, bevor sie meist zu Strom umgewandelt wird. Viele dieser Kollektoren bilden ein Parabolrinnen-Kraftwerk. Die Technik ist die wichtigste der CSP-(concentrated solar power)-Industrie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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