Wie man Beryllium bindet

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Symbolbild.(c) Bloomberg (Andrey Rudakov)
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In Würzburg gelang es, das höchst reaktive Metall zu zähmen – in einer unorthodoxen Bindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen.

Das Schöne an der Chemie ist u. a., dass sie ihre Regeln gern durch Ausnahmen bestätigt. Man denke nur an die Edelgase, von denen man in der Schule lernt, dass sie – durch ihre voll aufgefüllte äußerste Elektronenschale – so uninteressiert an chemischen Bindungen sind, dass sie keine eingehen. Inzwischen kennt man doch Edelgasverbindungen (außer von Helium und Neon), die aber so erzwungen sind, dass sie die mangelnde Bindungsfähigkeit quasi illustrieren.

Ganz umgekehrt ist es mit den Metallen der ersten und zweiten Gruppe des Periodensystems: Sie sind so begierig danach, ihre Elektronen abzugeben, dass sie gleich Ionen bilden (etwa das vom Kochsalz bekannte Na+) und keine Atombindungen, also keine Moleküle. Das sagt die Schulweisheit. Nun fanden Chemiker um Holger Braunschweig (Uni Würzburg) auch für diese Regel eine Ausnahme: Es gelang ihnen, das Erdalkalimetall Beryllium zu einer Atombindung zu nötigen (Nature Chemistry, 6. 6.). In dem Molekül, dass sie gebaut haben, sitzt ein Berylliumatom zwischen zwei Kohlenstoffatomen (die jeweils zu einem größeren Molekül gehören). Die Bindung ist auffällig stabil, und, noch erstaunlicher: Das Beryllium ist im Oxidationszustand null. Beides erklären die Chemiker durch eine Bindung zwischen drei Atomen, die aber nur durch zwei Elektronen (für Kenner: in π-Zuständen) gebildet wird. Quantenchemische Rechnungen bestätigen das.

Laut Braunschweig ist das nicht nur für Theoretiker der chemischen Bindung interessant, sondern könnte auch praktische Bedeutung haben: Man denkt daran, die teuren Schwermetalle wie Platin in Katalysatoren durch billigere Metalle aus den ersten zwei Gruppen zu ersetzen. Mit Beryllium gibt es da nur ein Problem: Es ist nicht nur sehr reaktiv, sondern auch giftig. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2016)

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