Hirntumor, Fluch der Bildung?

(c) Clemens Fabry
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Wer studiert hat, hat ein höheres Krebsrisiko, das zeigt sich an der gesamten Bevölkerung Schwedens. Die Ursachen sind rätselhaft.

Es gibt Hunderte verschiedene Hirntumore, sie sind selten, und nur manche sind bösartig – gefürchtet sind vor allem Gliome – , aber man weiß bei keinem, woher er kommt. Eine einzige Ursache ist bekannt, radioaktive Strahlung, ein genetischer Hintergrund auch, Weiße leiden häufiger daran (vielleicht wird bei ihnen auch häufiger diagnostiziert).

Sonst deutet manches darauf, dass bestimmte Berufsgruppen ein erhöhtes Risiko haben: Ärzte, Feuerwehrleute, Bauern, Arbeiter in der Chemieindustrie. Aber die Daten sind dünn. Das ist bei einer Studie, die Amal Khanolkar (Karolinska Institutet) nun vorgelegt hat, anders: Ausgewertet wurden die Daten von über vier Millionen Schweden, die zwischen 1911 und 1961 geboren wurden und 1991 im Land lebten. Bei denen ist alles dokumentiert, im Populationsregister und bei den Krankenkassen: Von 1991 bis 1993 wurden 5071 Fälle von Hirntumoren bei Männern gemeldet und 7101 bei Frauen.

Aber nicht alle hatten das gleiche Risiko: Es traf vor allem die, die sonst bei besserer Gesundheit sind, die Gebildeten und die Kopfarbeiter: Männer, die mindestens drei Jahre studiert haben, hatten ein um 19 Prozent höheres Gliom-Risiko als Geschlechtsgenossen mit einfachem Schulabschluss, bei Frauen waren es gar 23 Prozent, Ähnliches zeigte sich im Vergleich von Kopf- mit Handarbeitern (J. Epid. & Com. Health 20. 6.).

Kommt noch etwas Seltsames dazu: Alleinstehende Männer – Frauen nicht – sind von manchen Tumoren seltener betroffen, solchen, die sich schleichend entwickeln. Das könnte daran liegen, dass keine Partnerin Symptome bemerkt (und Männer weniger auf ihre Frauen achten). Sonst ist alles rätselhaft, und an selektiven Diagnosen kann es nicht liegen: Gliome etwa sind höchst schmerzhaft, sie treiben jeden zum Arzt, und im schwedischen Gesundheitssystem kann auch jeder hin, unabhängig vom Geld. (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)

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