Kakadu holt „Taube vom Dach“

Zoologie.Kakadus setzen Werkzeuge ein, um eine bessere Belohnung zu ergattern als ohne Werkzeug. Sie reagieren dabei flexibel auf das Angebot.

Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach? So wägen Menschen Entscheidungen ab, wenn sie etwas nicht so Tolles lieber sofort nehmen, als auf etwas Besseres zu warten. Ob auch Vögel ähnlich denken, untersuchten Forscher der Vet-Med-Uni und Uni Wien an indonesischen Goffini-Kakadus im Messerli-Forschungsinstitut. Bei Menschen ist bekannt, dass viele die Taube auf dem Dach wählen, also eine geringfügige Belohnung ablehnen, um auf eine hochwertige Belohnung zu warten. Für Kakadus sind Cashew-Nüsse die beliebtesten Leckereien, Pecan-Nüsse essen sie auch.

Die Forscher um Alice Auersperg stellten die Vögel vor verschiedene Entscheidungen. Liegt eine Cashew-Nuss direkt auf dem Tisch und eine Pecan-Nuss in einer Apparatur, die man nur mit einem Werkzeug öffnen kann, so schnappt sich der Kakadu die gute Cashew-Nuss. War aber die Cashew in der durchsichtigen Box und die Pecan-Nuss heraußen, so entschied er sich für den anstrengenden Aufwand, die Cashew-Nuss mit dem Werkzeug zu befreien. Die Forscher legten aber manchmal das falsche Werkzeug bereit, also einen Stock, obwohl man an die Cashew-Nuss nur mit einem Ballwurf gelangen konnte, oder einen Ball, obwohl die Box nur mit einem Stock zu öffnen ist. Die Kakadus kapierten auch das und fraßen dann doch die Pecan-Nuss, die neben der Box lag, wenn das Werkzeug nicht als Boxenöffner diente.

„Die Vögel mussten dabei ihre Entscheidungen flexibel treffen und in Beziehung setzen, was sie mit den Apparaturen in der jeweiligen Situation anfangen können“, erklärt Auersperg. Das heißt, sie mussten technische und ökonomische Faktoren gleichzeitig abwägen. Dass sie dabei ihren Impuls kontrollieren konnten, eine sofort verfügbare Leckerei zu fressen, um sich mühsam die Cashew-Nuss zu erarbeiten, erstaunte die Forscher.

Ähnlich dem Marshmallow-Versuch

Auch bei Menschen zeigt das klassische Marshmallow-Experiment, ob ein Kind eine Belohnung aufschieben kann: Ignoriert es einen Marshmallow auf dem Tisch, wenn als Belohnung für das Warten zwei Marshmallows in Aussicht gestellt werden, hat das Kind meist auch höhere Fähigkeiten im schulischen und sozialen Bereich.

Die Kakadus waren jedenfalls überfordert, wenn alle Apparaturen gefüllt mit den unterschiedlichen Nüssen und alle Werkzeuge zugleich angeboten wurden. Vermutlich stießen die Tiere durch die Menge der Komponenten an die Grenzen des Arbeitspeichers in ihrem Gedächtnis. (APA/vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2016)

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