Den US-Wahlkampf am Monitor

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US-VOTE-DEMOCRATS-CLINTONAPA/AFP/SAUL LOEB
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Österreichische Forscher präsentieren eine Plattform, die acht Millionen Dokumente aus Social Media und Nachrichtenportalen analysiert.

In der zweiten Julihälfte wählen die Demokraten und Republikaner ihre Präsidentschaftskandidaten. Die US-Wahlen werden mit Spannung erwartet: Donald Trump als Außenseiter, der gegen Hillary Clinton, Vertreterin des Establishments, antritt. Der Wahlkampf wird das Wahlergebnis entscheidend mitbestimmen. Umfassende und außergewöhnliche Informationen dazu sind gefragt. Forscher der Modul University Vienna stellen auf der WebLyzard Web Intelligence Plattform solche Informationen bereit.

Das frei zugängliche System greift auf im Internet verfügbare Quellen zu, beispielsweise auf die Websites von Unternehmen, Thinktanks, Umweltorganisationen und Lobbyisten, die den Wahlkampf beeinflussen können. So bietet es Experten und der interessierten Öffentlichkeit Meldungen aus Nachrichtenportalen, Social Media und von Organisationen. „Kommunikationswissenschaftler der Modul University werden im Laufe des Wahlkampfes in einem Forschungsprojekt das Material analysieren und Veröffentlichungen über Clinton und Trump vergleichen“, sagt Arno Scharl vom Institut für Neue Medientechnologie an der Modul University.

Soziale Medien sollen folgen

Der Wahlkampf-Monitor zeigt tagesaktuell Trends und Meinungen, die Trump und Clinton betreffen. Mit dem Algorithmus lässt sich präzise messen, in welchem Kontext die Kandidaten vorkommen und wie die Öffentlichkeit sie bewertet. Zur Zeit konzentriert sich die Analyse auf Twitter-Meldungen, soll aber in den nächsten Wochen auf Google+, YouTube, Instagram, Facebook etc. ausgeweitet werden. Insgesamt werden monatlich mehr als acht Millionen Dokumente in einer alle zehn Minuten aktualisierten Abfrage untersucht. „Es wird quantitativ dargestellt, wie sich bestimmte Ereignisse auf den Wahlkampf ausgewirkt haben“, erklärt Scharl. „So kann festgestellt werden, ob bestimmte Kommunikationsaktivitäten erfolgreich sind und man sich damit den Wunschthemen angenähert hat.“

Die Daten werden automatisch auf Relevanz geprüft, auf positive oder negative Stimmungselemente hin analysiert und in Grafiken präsentiert. Dabei handelt es sich aber nicht um positive oder negative Stimmung im Sinne einer Bewertung. Es geht vielmehr darum, den Kontext zu erfassen. Im Zusammenhang mit dem Attentat in Orlando mit 49 Toten Mitte Juni gab es beispielsweise einen drastischen Stimmungsumschwung, weil die Kandidaten im Rahmen der negativen Berichterstattung genannt wurden oder sich kritisch zur US-Waffengesetzgebung geäußert hatten.

Brexit wirkt auf US-Wahlkampf

Zwei Wochen später dominieren bereits ganz andere Themen, etwa die sehr unterschiedliche Einstellung der beiden Kandidaten zum Brexit, dem EU-Ausstiegsreferendum in Großbritannien. „In solchen Fällen wird transparent, wie schnell sich das Online-Interesse verlagern kann und welche Themen mit den Kandidaten und aktuellen Ereignissen in Verbindung gebracht werden“, sagt Scharl.

Nicht nur Wahlkämpfer, auch Beobachter und Interessierte erfahren hier, wie sich die Kandidaten im Internet darstellen und wie sie bewertet werden. Mit Hilfe von Wortbäumen wird die Häufigkeit von Begriffen und deren Verknüpfung veranschaulicht. Mittels einer Landkarte wird die geografische Verbreitung dargestellt.

Der 2016er-Wahlkampf ist nicht der erste, den Scharl und sein Team untersuchen. Sie haben ihre Plattform seit dem US- Wahlkampf 2004 permanent weiterentwickelt. Dabei kann auch auf Know-how aus anderen von der Europäischen Union und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanzierten Forschungsprojekten zurückgegriffen werden. Für WebLyzard ist das aktuelle Angebot ein Beispiel, mit dem Möglichkeiten präsentiert werden, die auch in der Marktforschung für Unternehmen angewandt werden können.

Live verfolgen auf: www.us2016.weblyzard.com

(Print-Ausgabe, 16.07.2016)

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