Steirische Betriebe wollen sich ein Bild von Bewerbern machen

Bewerbungsschreiben
BewerbungsschreibenErwin Wodicka - BilderBox.com
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Anonymisierte Lebensläufe – wie im angloamerikanischen Raum üblich – sind in der Steiermark nicht gefragt.

Bestimmte Lücken im Lebenslauf sind in den USA, Großbritannien und Skandinavien üblich: Um in Bewerbungsverfahren Diskriminierung – ob positiver oder negativer Art – zu vermeiden, sind die Bewerber angehalten, kein Foto mitzuschicken und Religionsbekenntnis, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht und Alter auszusparen. Internationale Unternehmen testen diesen Bewerbungsmodus auch in Deutschland. Was 24 Klein- und Mittelunternehmen (KMU) in der Steiermark davon halten, haben nun Soziologen und Studierende der Uni Graz in einer qualitativen Umfrage erhoben.

„Es hat sich gezeigt, dass Arbeitgeber am konventionellen Lebenslauf festhalten wollen“, sagt Karina Fernandez, die für das Projekt verantwortlich ist.

Bewerber muss „zum Team passen“

„Wir haben, vor allem bei kleinen Unternehmen, immer wieder das Argument gehört, dass der oder die neue Mitarbeiter(in) auch abseits der Qualifikation einfach ,zum Team passen‘ muss.“ Besonders wichtig sei den Personalverantwortlichen Name und Foto der Bewerber, sagt die Soziologin und Psychologin Johanna Muckenhuber. Auf Fotos lassen sich schließlich auch Piercings und Tätowierungen feststellen – oder ob die Bewerberin ein Kopftuch trägt. Mittels Namen kann man den Auftritt der Kandidaten in den sozialen Netzwerken überprüfen.

Dabei wäre es „für den Dienstgeber im Auswahlprozess sinnvoll, sich erst einmal auf die tatsächliche Qualifikation der Bewerber zu konzentrieren und Entscheidungen nicht gleich an der falschen Hautfarbe, dem Namen oder Alter festzumachen“, so Muckenhuber. Die Unternehmen gaben aber an, dass eine anonymisierte erste Bewerbungsstufe mehr Aufwand und höhere Kosten bedeuten würde; entsprechend würden anonymisierte Bewerbungen derzeit eher aussortiert. Vorbehalte aufgrund Äußerlichkeiten kämen dennoch zum Tragen – bloß erst später. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, „dass die Personalverantwortlichen durch die Bank eine mögliche Diskriminierung im eigenen Unternehmen gar nicht als Problem wahrnehmen und keinen Handlungsbedarf erkennen“, sagt Muckenhuber. „Das Bewusstsein dafür ist sehr schwach ausgeprägt.“ (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2016)

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