Muss für Mondreisen mit Herztod bezahlt werden?

(c) REUTERS (NASA)
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Die Sterbestatistik der Nasa-Astronauten legt einen Zusammenhang zwischen Herzleiden und Mondreisen nahe.

Die Schwerelosigkeit wirkt sich höchst wunderlich auf den auf sie nicht eingerichteten Menschen aus, viele Astronauten haben es schon erlebt: Erst streckt sich der Körper, um zwei bis drei Zentimeter, es lastet ja nichts mehr auf der Wirbelsäule, dann schwillt das Gesicht an, und die Halsschlagadern treten hervor, viel Blut steigt aus den Beinen nach oben. Auch die Orientierung fällt schwer, aber diese „space motion sickness“ gibt sich mit der Zeit. Immer ärger wird hingegen das „bed rest syndrom“, das so heißt, weil auch Bettlägrige daran leiden: Muskeln und Knochen dünnen sich aus.

Dagegen wappnen Astronauten sich ein Stück weit mit Sport, aber der hilft gegen eine zweite Bedrohung auf Raumflügen nicht, die von Strahlung, komme sie vom Sonnenwind oder kosmischer Strahlung, die heißt nur so, sie besteht aus hochenergetischen Teilchen. Auf der Erdoberfläche sind wir weitgehend geschützt, durch die Atmosphäre und das Magnetfeld, das lenkt die Strahlung/Teilchen partiell auch weiter oben ab, wo die Luft dünn ist. Und dort, wo auch das Magnetfeld seine Kraft verliert, waren noch nicht viele, dort waren nur die Besatzungen der Apollo, die zum Mond flogen.

Das ist lange her, aber die halbe Welt – USA, Russland, EU, China – hat für die 20er-Jahre bemannte Mondmissionen geplant, in den 30ern soll es dann auf die viel längere Reise zum Mars gehen. Deshalb hat Michel Delp (Florida State University) einen Blick auf die Sterbestatistik geworfen. Die sieht bei Astronauten in manchem anders aus als bei der US-Durchschnittsbevölkerung: Astronauten sterben sehr viel häufiger an Unfällen und sehr viel seltener an Herzleiden, sie sind durchtrainiert und medizinisch bestens versorgt, aber Risikoliebhaber schon auch.

Strahlung schädigt Blutgefäße

Und unter ihnen sind es doch viele, die an Herzleiden sterben: Von den 24, die auf dem Mond waren, sind inzwischen acht tot, einer starb erst nach Fertigstellung der Studie, von den übrigen erlagen 43 Prozent einem Herzleiden. Bei Vergleichsgruppen von Astronauten, die nur innerhalb der Magnetosphäre unterwegs waren bzw. überhaupt nicht von der Erde abhoben, waren es elf bzw. neun Prozent. Delp weist selbst darauf hin, dass ein Sample von sieben Personen extrem klein ist, er hat deshalb an Mäusen mit simulierter kosmischer Strahlung getestet: Sie schädigte die Zellwände der Blutgefäße und brachte Herzleiden (Scientific Reports 28. 7.). Unklar ist, ob bzw. wie stark auch Schwerelosigkeit das Herz bedroht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2016)

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