Manche Dinos sahen Rot – schmückten sie sich auch damit?

Dinosaurier
Dinosaurier(c) Clemens Fabry
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Ein Pigment, mit dem Vögel und Schildkröten erst ihr Farbsehen schärften und sich dann färbten, stammt von ihren Ahnen.

Vögel und Schildkröten sehen Farben wie wir – mit Pigmenten in den Zäpfchen der Retina –, aber sie können einen Teil der Palette viel feiner unterscheiden, den des Rot. Das schaffen sie mit einer Ergänzung des Sehsystems, einer öligen Flüssigkeit, die die Retina überzieht. In ihr sind ebenfalls Pigmente eingelagert, sie bringen eine größere Trennschärfe zwischen den Wellenlängen des Lichts. Diese Pigmente sind rote Carotinoide, sie müssen von den Vögeln aufwendig produziert werden, in ihrer Nahrung gibt es nur gelbe Carotinoide, die enzymatisch umgebaut werden.

Ist so etwas Aufwendiges erst einmal da, wird es von der Natur gern auch in anderen Funktionen eingesetzt: Viele Vögel färben mit den roten Carotinoiden ihre Schnäbel und Gefieder rot, es ist ein soziales und sexuelles Signal, das hat sich etwa an Zebrafinken gezeigt: Je intensiver rot der Schnabel ist, umso besser werden die Tiere mit Giften im Körper fertig. Solche Männchen werden von Weibchen gewählt, deren feines Unterscheidungsvermögen für Rottöne hilft dabei, so spielt beides zusammen.

Aber nicht nur Vögel sehen mit diesen Carotinoiden Rot und färben sich damit, auch Schildkröten nutzen die Sehhilfe und putzen sich damit heraus, vor allem Wasserschildkröten, in ihrer Nahrung sind die Pigmente, sie müssen sie nicht herstellen.

Haben Vögel und Schildkröten diese Innovation unabhängig voneinander entwickelt, oder haben sie sie von einem gemeinsamen Ahnen? Nick Mundy (Oxford) ist der Genvariante nachgegangen, die bei Vögeln und Schildkröten für die Schärfung der roten Sicht sorgt, es war eine Verdoppelung von CYP2J19. Und sie ist uralt, sie entstand vor etwa 250 Millionen Jahren, muss also von den Sauriern entwickelt worden sein, von denen Vögel wie Schildkröten abstammen (Proc. Roy. Soc. B., 2. 8.).

Krokodile legten das Gen wieder ab

Sahen diese auch Rot? Mundy vermutet es stark. Schmückten auch sie sich damit? Das ist spekulativer: Das Gen wurde in den Augen entwickelt und erst später als Schmuck eingesetzt, offenbar galt die Sensitivität für Rot zunächst anderen Reizen. Und nicht alle Erben behielten sie: Krokodile spalteten sich später von den Sauriern ab, sie haben das Öl bzw. sein Gen nicht. Mundy vermutet dahinter ihre lang nächtliche Lebensweise. Aber noch einer hat Gen und Öl, als einziges anderes Tier: der Lungenfisch. Er muss es selbst erfunden haben, er nahm ganz andere Entwicklungswege.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2016)

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