Drum prüfe, wie man Holz verbindet

Unter der Woche unterrichtet Martin Brandtner-Hafner in der HTL, in der Freizeit führt er Bruchtests mit Verbindungen aus Holz und Industrieklebstoffen durch.
Unter der Woche unterrichtet Martin Brandtner-Hafner in der HTL, in der Freizeit führt er Bruchtests mit Verbindungen aus Holz und Industrieklebstoffen durch.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Maschinenbauer Martin Brandtner-Hafner prüft Holz-Klebstoff-Verbindungen. Seine Methode gibt Auskunft, welcher Kleber in welcher Situation am besten hält.

Als Forscher kann ich kritisch hinterfragen, ob etwas richtig ist“, sagt Martin Brandtner-Hafner. Er spezialisierte sich in der Dissertation auf eine Prüfmethode, die Klebstoffverbunde auf ihre Bruchstabilität testet. Die herkömmliche Methode findet Brandtner-Hafner „suboptimal“, er wollte es besser machen.

Er kam über Umwege zur Forschung. Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens und Maschinenbaus an der TU Wien arbeitete er einige Jahre in der Industrie. Dann wollte Brandtner-Hafner aber sein Wissen an die nächste Generation vermitteln und wurde HTL-Lehrer. Zuerst sechs Jahre an der HTL Eisenstadt, wo er in der Abteilung Flugtechnik das Fach Leichtbau unterrichtete. „Inzwischen bin ich an der HTL Wien 3 Rennweg beschäftigt, einer sehr angesehenen Bildungseinrichtung in Österreich.“

Die Dissertation schrieb der Lehrer quasi nebenbei, führte in der Freizeit Bruchtests mit Verbindungen aus Holz und Industrieklebstoffen durch. Anfangs an der TU Wien, später übersiedelte der Versuchsaufbau an das Institut für Physik und Materialwissenschaft der Boku Wien.

Ähnlich wie ein Pilot im Cockpit

Die Kernfrage war: Wie viel Widerstand bringt ein zusammengefügter Verbund auf, bevor er bricht oder reißt? Wie viel Bruch-Energie muss aufgewendet werden, um eine Verbindung zu trennen? „Das von mir entwickelte System zur bruchmechanischen Schadensbeurteilung beruht auf Kennzahlen: Im Zusammenspiel ergeben sie ein komplettes Abbild über das Schädigungsvermögen von Klebstoffverbunden“, sagt er.

Er vergleicht das System mit einem Cockpit im Flugzeug: „Ein Pilot kann das Flugzeug nicht mit nur einem Kennwert steuern: Er hat eine Vielzahl von Instrumenten an Bord, die unterschiedliche Werte anzeigen. Je mehr Anzeigen der Pilot hat, umso besser kann er die Situation einschätzen.“

Im Falle der Bruchmechanik ist eine dieser Kennzahlen die Schädigungsdominanz, die aussagt, ob ein Klebstoffverbund Zug oder Schub besser aushält. Das ist wichtig, um zu entscheiden, ob man diese Verbindung eher an Stellen einsetzt, die Schub ausgesetzt sind oder gegen Zug standhalten müssen. Eine weitere Kennzahl ist die Rissverzögerung: Wie lange hält eine Verbindung noch, wenn ein erster Riss entsteht? Droht sofort ein gefährliches Versagen, oder ist der Verbund tolerant gegenüber Rissen?

Auch die Sprödigkeit oder Zähigkeit des Materials machen einen Unterschied. In zäherem Material wird ein Riss eher gebremst und kann sogar stecken bleiben. Dann wandert der Riss nicht weiter, das Bauteil kann weiter verwendet werden.

„Und ich habe Ausheileffekte der Materialien getestet: Dazu wurden die Proben vollständig getrennt, also zerstört und danach wieder neu verbunden“, sagt Brandtner-Hafner. Im neuerlichen Test kann man Rückschlüsse auf die Restlebensdauer ziehen und Instandhaltungs- bzw. Reparaturkosten abschätzen. Ziel ist immer, die Gesamtstruktur vor Totalversagen zu schützen und Werkstoffe auszuwählen, die rissunempfindlich oder risstolerant sind. „Für so viele Branchen ist es wichtig, den richtigen Kleber zu finden für die unterschiedlichsten Einsatzmöglichkeiten: Man will ja eine maximale Lebensdauer der Bauteile.“

Brandtner-Hafner ist sich sicher, dass seine Prüfmethode der herkömmlichen Messung überlegen ist. Schließlich bezieht er die Kennzahlen aus direkten Messungen, kann Risse und ihr Verhalten genau verfolgen und muss nicht auf mathematische Modellrechnungen zurückgreifen. Daher möchte er sich nun als Spezialist für Bruchmechanik und Schadenanalysen selbstständig machen. „Für Verbundstoffe aller Art, sei es Kunststoffe, Holz, Keramik oder Glas. Hauptsache, es ist geklebt“, sagt Brandtner-Hafner.

Unterrichten bringt Ausgleich

Auf die Frage, wie er bei all dieser Forschung den Kopf frei bekommt, antwortet er: „Einerseits durch meine Tätigkeit als HTL-Lehrer: Gerade in der heutigen Zeit ist die Arbeit mit Jugendlichen, die Vorbildwirkung als Wissens- und Wertevermittler, notwendiger denn je.“ Und zum Entspannen fahren Brandtner-Hafner und seine Frau oft an den Neusiedler See zum Segeln und Windsurfen. Oder sie genießen lange Spaziergänge mit den zwei wuscheligen Malteser Hunden. „Ich koche auch leidenschaftlich gern. Das ist für mich ein Weg, um Stress abzubauen.“

ZUR PERSON

Martin Brandtner-Hafner wurde 1977 in Güssing geboren, studierte an der TU Wien. Während eines Auslandssemesters an der University of Glasgow lernte er nicht nur Maschinenbau, sondern auch selbst zu kochen – da ihn die schottische Küche nicht überzeugte. Er kehrte als HTL-Lehrer ins Burgenland zurück, lebt aber seit 2015 mit seiner Frau wieder in Wien, wo er sich als Spezialist für Bruchmechanik selbstständig machen will.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2016)

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