Jeden Fehler erkennen, bevor er auf dem Mars passiert

Concept portrayal of China´s Mars rover and lander
Concept portrayal of China´s Mars rover and lander(c) REUTERS (CHINA DAILY)
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Junge Menschen testen auf der Erde, wie Raumanzug und Geräte im All funktionieren.

Wenn erstmals ein Mensch den Mars betritt, soll seine Mission nicht daran scheitern, dass das Mikrofon im Raumanzug nicht funktioniert oder er mit den dicken Handschuhen ein Gerät nicht bedienen kann. Um derartige Pannen zu vermeiden, gibt es Analog-Astronauten. Die jungen Menschen sind quasi Raumanzugtester, die in ihrer Freizeit an Experimenten für die Raumfahrt teilnehmen.

„Als Analog-Astronaut bin ich ein wissenschaftliches Werkzeug, um auf der Erde – unter möglichst realitätsnahen Bedingungen – zu helfen, die Reise auf den Mond oder Mars vorzubereiten“, sagt Stefan Dobrovolny, ein junger Mediziner aus Wien. Seine erste Mission war 2015 die vom Österreichischen Weltraum-Forum organisierte Amadee-15 auf dem Kaunertaler Gletscher in Tirol, auf 2800 Metern. Zwei Wochen erforschten 100 Wissenschaftler in der Region, die Gletschern auf dem Mars ähnelt, worauf es bei bemannten Marsmissionen ankommt. „Wir testeten z. B. einen Laser, mit dem man Gesteinsproben auf dem Mars auf organische Verbindungen untersuchen soll“, sagt Dobrovolny. Denn Ziel der Missionen sei, Spuren von Leben zu finden. Der Laser kann organische Verbindungen zum Leuchten bringen. „Doch mit den Handschuhen war es fast unmöglich, das Stativ zu fixieren.“ Daher wurde nach der Kaunertal-Mission ein neuer Prototyp dieses Messgerätes entwickelt.

Will nicht selbst ins All reisen

Auf die Frage, ob Analog-Astronauten selbst ins All fliegen wollen, schüttelt Dobrovolny den Kopf: „Ich möchte valide Wissenschaft betreiben, die künftigen Weltallmissionen hilft.“ Die Auswahl für Analog-Astronauten ist streng, aber nicht ganz so strikt wie für echte Raumfahrer. Aus 100 Bewerbern wurden in Dobrovolnys Jahrgang nur fünf ausgewählt. Anfangs wurden in schriftlichen und persönlichen Tests die Grundkenntnisse der Geologie, Biologie und Technik abgefragt. Psychologen der Nasa überprüften, ob die Teilnehmer Arbeitsdruck aushalten und teamfähig sind. Nach leistungsmedizinischen Tests folgte die Ausbildungsphase für ein halbes Jahr. „Mit Trainingswochenenden in Innsbruck“, sagt Dobrovolny. Die Teilnehmer – darunter eine Mathematikerin, ein Notfallmediziner und Raumfahrttechniker – unterrichteten sich gegenseitig, und externe Experten wiesen die Analog-Astronauten in die Herausforderungen ein. „Wir müssen im Experiment die richtigen Gesteine erkennen und uns mit den Bausteinen des Lebens auskennen.“ Auch die Technik des 45-Kg-Anzugs wird bis ins Details gelernt, um Anweisungen korrekt ausführen zu können.

Dass es auf dem Gletscher oder bei Missionen in der Wüste Marokkos keine Schwerelosigkeit gibt, ist für die Forschung nebensächlich. Die Handhabung der Geräte und des Anzugs werden ja auf Planeten oder Monden stattfinden: Dort gibt es Gravitation. „Wir sollen alle Fehler finden, die im Prozedere der geplanten Experimente auftreten können“, so Dobrovolny. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2016)

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