Künstliche Haut spürt Hitze, Kälte und Druck

Entwicklung der Sensorhaut startet nun an der TU Graz.

Unsere Fingerspitzen sind wahre Wunderwerke der Natur: Mit einem Quadratmillimeter Auflösung erkennen wir feinste Strukturen, spüren Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit. Grazer Materialwissenschaftler wollen dies durch Wunderwerke der Technik toppen: Anna Maria Coclite, gebürtige Italienerin, die 2013 vom Massachusetts Institute of Technology in den USA an die TU Graz kam, will pro Quadratmillimeter sogar 2000 Sensoren einbauen: in ein Hybridmaterial, das wie eine künstliche Haut wirken soll.

Für dieses Projekt erhielt sie soeben den mit 1,5 Millionen Euro dotierten ERC Starting Grant des europäischen Forschungsrates – erstmals geht diese Förderung an eine Frau der TU Graz.

Die künstliche Haut, die zugleich Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Druck wahrnehmen kann, muss aber erst entwickelt werden. Coclite nutzt für den Aufbau des neuen Materials zwei Methoden der Nanotechnologie: Mittels chemischer Gasphasen-Abscheidung kann man Schicht für Schicht Nanostrukturen schaffen und mit der Atomlagenabscheidung noch kleinere Feinheiten regeln.

Kern wächst wie Schwamm

Das Herz der Sensoren wird ein Polymer-Kunststoff sein, der je nach Temperatur oder Feuchtigkeit seine Form verändert. „Ähnlich wie ein Schwamm“, sagt Coclite. Die Hülle wird aus Zinkoxid bestehen: Sie nimmt die Formveränderungen wahr und wandelt sie in elektrische Signale um, die von der künstlichen Haut gemessen werden.

Als Anwendungen schweben den Forschern Bereiche wie Gewebe-Engineering und biologische Sensorik vor. Hauchdünne Materialien, die Tausende Sensoren pro Quadratmillimeter haben, werden auch in der Materialwissenschaft oder bei der Entwicklung von Arzneistoffen Anklang finden. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2016)

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