Es gibt zehn Mal so viele Galaxien wie gedacht

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Stephan s Quintet a grouping of galaxies in the constellation Pegasus PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxO(c) imago/StockTrek Images
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Eine neue Schätzung kommt auf zwei Billionen und verschärft das Rätsel, warum der Nachthimmel dunkel ist.

Wieviel Sternlein am Himmel stehen, das weiß kein Mensch, fest steht nur, dass die Zahl jedes Vorstellungsvermögen sprengt: Als man Mitte der 1990er-Jahre die Zahl der Galaxien schätzte – nicht die der Sterne –, kam man auf 120 Milliarden. Das war weit untertrieben, inzwischen sind die Augen der Teleskope schärfer: Sie fangen nun auch Licht auf, dessen Quellen viel weiter von uns weg strahlen, bis zu 13 Milliarden Lichtjahren: Dieses Licht war 13 Milliarden Jahre auf seinem Weg.

Die Daten hat Christopher Conselice (Nottingham) ausgewertet: Die Zahl der Galaxien ist zehn Mal so hoch wie bisher angenommen bzw. sie war es: Die Zahl hat sich im Lauf der Zeit verringert, auch das ist ein Befund von Conselice, er bestätigt Überlegungen, denen zufolge es zu Beginn des Universums viele kleinere Galaxien gegeben har, die sich zu größeren zusammenschlossen (kommt im Astrophysical Journal, vorab: arxiv: 1607.03909v2).

Die jetzigen zwei Billionen Galaxien sind nicht endgültig: Noch näher zum Urknall, der vor 13,8 Milliarden Jahren war, wird erst das nächste Weltraumteleskop schauen können. Aber die Zahl ist eindrucksvoll genug: „Es kann einen wirklich sprachlos machen, dass es noch 90 Prozent unseres Universums erst zu entdecken gibt“, formuliert Conselice.

Olbers' Paradoxon

Dabei geht es um das sichtbare Universum – nicht etwa um dunkle Materie und Energie –, und in dem wird mit dem neuen Befund ein altes Rätsel bzw. Paradoxon größer, benannt wurde es nach dem deutschen Amateurastronomen Olbers: Wenn es im Universum unendlich viele Sterne gibt, und wenn die obendrein etwa gleichmäßig verteilt sind – dann müsste der Himmel in der Nacht hell sein wie am Tag, weil Sterne leuchten, wo sich das Auge hinwendet. Das gilt auch für entlegenste Sterne: Die leuchten zwar nicht so hell, dafür sind sie viel mehr, in Summe gleicht es sich aus.

Aber es ist duster in der Nacht. Liegt das an Staub im Kosmos, der Licht abfängt? Es wurde vermutet, der Astronom Herschel winkte ab: Der Staub würde alle Energie auch wieder emittieren. Aber nicht in der gleichen, sichtbaren Wellenlänge, entgegnet Conselice. Und: Die Sternlein stehen nicht am Himmelszelt, sie rasen weg, das Universum dehnt sich aus. Das verschiebt die Wellenlängen ihres Lichts in für unser Auge unsichtbare.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2016)

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