Gesund ins Büro: Den Arbeitsweg für Fitness nutzen

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THEMENBILD-PAKET: RADFAHREN / RADFAHRER / VERKEHRAPA/HELMUT FOHRINGER
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Mediziner, Geoinformatiker und Mobilitätsexperten starten in Salzburg ein Projekt, das messbar machen soll, welchen gesundheitlichen Effekt es hat, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zum Arbeitsplatz zu kommen.

Jeder weiß, dass es gesund ist, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Doch wie viel gesünder ist es als mit dem Auto? Kann man beziffern, wie sich die tägliche Bewegung auf Krankheitsrisken auswirkt? Das wollen Wissenschaftler der Uni Salzburg u. a. in Kooperation mit den Salzburger Landeskliniken (Salk) im Projekt Gismo – gefördert von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG – herausfinden. „Der Arbeitsweg wird weder als Freizeit noch als Arbeitszeit angesehen. Vielen kommt der Arbeitsweg deshalb wie eine Zeitverschwendung vor“, sagt Projektleiter Martin Loidl vom Fachbereich für Geoinformatik der Uni Salzburg.

Gemeinsam mit Sportmedizinern und Mobilitätsexperten will sein Team ein Online-Werkzeug entwickeln, das konkrete Effekte auf die Gesundheit berechnet, je nachdem, ob man zu Fuß ins Büro geht, Rad fährt, oder Bus oder Auto nutzt. „Unsere Testumgebungen sind die Salzburger Landeskliniken, die einige Tausend Mitarbeiter haben“, sagt Loidl. Dort gibt es einen Mobilitätsmanager, der die Mitarbeiter berät, wenn es um Mobilität geht: von Radabstellplätzen im Klinikgelände bis zur Motivation, den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Zudem sind Gesundheitsvertrauenspersonen für die betriebliche Gesundheitsvorsorge zuständig. Diese wählen nun mindestens 70 Probanden aller Altersgruppen aus, die für ein Jahr lang ihr Mobilitätsverhalten ändern. So suchen sie einerseits nach Autofahrern, die künftig mit dem Rad, zu Fuß oder mit dem Bus anreisen wollen, aber auch nach Leuten, die ihre Mobilität nicht ändern – damit es eine Kontrollgruppe gibt.

Auch Wohlbefinden abgefragt

„Die Probanden werden vor Testbeginn – etwa Jänner 2017 – und nach Ablauf eines Jahres sportmedizinisch untersucht. Über standardisierte Erhebungsbögen wird auch das Wohlbefinden abgefragt.“ Das Ziel sind Anhaltspunkte, die aussagen, wie gesund es tatsächlich ist, den Arbeitsweg aktiv zurückzulegen. „Für definitive Aussagen bräuchte man klinische Studien im großen Maßstab. Aber nach unserer Studie stehen Maßzahlen fest, mit deren Hilfe man abschätzen kann: Wenn du pro Tag 700 Meter zu Fuß gehst, hat es diesen gesundheitlichen Effekt, und wenn du pro Tag 15 Minuten mit dem Rad fährst, hat es jenen Effekt“, erklärt Loidl.

Sobald diese Maßzahlen erhoben sind, startet der Beitrag der Geoinformatiker im Gismo-Projekt. Sie koppeln die Daten mit Routenplanungssystemen. „Wir schauen: Wo wohnt jemand, wo ist sein Arbeitsplatz, wie weit ist die nächste Haltestelle des öffentlichen Verkehrs entfernt, ist der Ort an das Radwegenetz angebunden und erlaubt die Topografie eine Radstrecke, die realistisch ist“, so Loidl.

Jeder Nutzer kann sich seine persönlichen gesundheitlichen Effekte ausrechnen lassen. Aber auch für Betriebe ist das Tool interessant, wenn Entscheidungen anstehen, ob man eher in Tickets für den öffentlichen Verkehr für seinen Mitarbeiter investieren soll oder in Fahrräder – und zugleich in Duschmöglichkeiten am Arbeitsplatz.

Die ersten Ergebnisse erwarten die Forscher in etwa einem Jahr. Vorerst beschränkt sich der Fokus auf das Bundesland Salzburg, doch im Endeffekt soll jeder beliebige Wohnort mit jedem Arbeitsplatz verbunden werden können. Sodass die Gismo-Software etwa vorschlägt: „Für den Arbeitsweg von Oberalm ins Zentrum senken folgende Möglichkeiten das Risiko für Herzkreislauferkrankungen . . .“

LEXIKON

Körperliche Inaktivität ist laut einer Studie aus Taiwan für gleich viele Todesfälle verantwortlich wie Rauchen. Zudem gefährden im Sitzen ausgeführte Berufe die Gesundheit. Eine internationale Metastudie zeigte im September 2016, dass das durch sitzende Tätigkeit entstehende Risiko durch körperliches Training reduziert werden kann.

Mehr:www.gismoproject.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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