Schnelle Hilfe durch Organspende-App

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Medizin. Der korrekte Ablauf der Entnahme und Transplantation von Organen stellt Ärzte und Pflegepersonal oft vor organisatorische Herausforderungen. Nun bietet eine App der Med-Uni Graz digitale Unterstützung und Zeitersparnis.

Was die Organspende betrifft, steht Österreich im internationalen Vergleich gut da. 787 Organe wurden im vergangenen Jahr hierzulande transplantiert. Dennoch versterben jedes Jahr über achtzig Menschen, weil sie ein neues Organ benötigt und nicht bekommen haben.

Eine Zahl, die zu denken geben sollte, findet Vanessa Stadlbauer. Sie ist Gastroenterologin und lokale Transplantationsbeauftragte des LKH-Universitätsklinikum Graz und Urheberin der neuen Organspende-App.

Stadlbauers Aufgabe ist es unter anderem, ihre Kolleginnen und Kollegen zu schulen und dafür zu sorgen, dass sie im Ernstfall alle Informationen haben, die sie brauchen. Ihr Ziel ist es, das Bewusstsein für Organspenden zu erhöhen, innerhalb der Klinik und in der Bevölkerung.

Das ist unter anderem deshalb wichtig, weil es in Österreich die Widerspruchsregelung gibt. Das heißt, anders als in den USA etwa, in denen nur Menschen als Spender infrage kommen, die dazu ausdrücklich ihre Zustimmung gegeben haben, ist in unserem Land jeder automatisch Spender. Es sei denn, man hat zu Lebzeiten in irgendeiner Form seinen Unwillen zu spenden bekundet, wie zum Beispiel durch Eintragung in das Widerspruchsregister.

Gesetzlich geregelte Entnahme

Die Voraussetzung für die Entnahme von Organen ist der Eintritt des Hirntodes. Alles, was danach passiert, ist in Österreich gesetzlich streng geregelt und erfordert einiges an Organisation.

Das Thema ist vorrangig auf Intensivstationen präsent, wo sterbende Patienten betreut werden. „Erst einmal müssen Ärzte und Pflegepersonal überhaupt erkennen, dass ein Patient als Organspender infrage kommt. Dann gibt es etliche Verfahrensanweisungen und Leitlinien, die man beachten muss“, sagt Vanessa Stadlbauer.

„Von der Hirntoddiagnostik bis zur Entnahme der Organe ist jeder Schritt rechtlich geregelt.“ Bis jetzt gab es Mappen mit Informationsmaterial auf den Stationen, die dann aber im Bedarfsfall oft nicht auffindbar waren.

Die Transplantationsbeauftragte sah Handlungsbedarf, fehlende Informationen sollten keine Hürde für erfolgreiche Organspenden darstellen.

Keine sensiblen Daten

„Vor etwa einem Jahr hatte ich dann die Idee, eine App zu entwickeln, die immer griffbereit ist, wenn man sie braucht“, erzählt Stadlbauer. „Es werden keine sensiblen oder geheimen Daten verwendet, das steht alles im Gesetz und auch im Internet. Nur war es vorher nicht so leicht zu finden.“

Zu Beginn werden auf der Homepage drei Fragen zur Ausgangssituation beantwortet, auf Basis derer die App dann maßgeschneiderte Informationen liefert. „So bekommen Ärzte und Pflegepersonal genau die Anweisungen, die sie im aktuellen Fall betreffen, ohne sich wie bisher durch ein dickes Handbuch wühlen zu müssen“, erklärt Stadlbauer.

Massive Zeitersparnis also, in Situationen, die ohnehin stressig sein können. Die App wurde laut Stadlbauer so konzipiert, dass Ärzte auch um vier Uhr früh und unter Zeitdruck schnell an Informationen kommen. Derzeit gibt es sie ausschließlich online. Damit sie auf das Handy geladen und auch ohne Internetverbindung benutzt werden kann, dazu werden noch Sponsoren benötigt.

IN ZAHLEN

Unter www.klinikum-graz.at/transplantist die App für jeden verfügbar und kann mit PC und Smartphone aufgerufen werden. 825 Menschen warteten vergangenes Jahr in Österreich auf ein neues Organ.

86Patienten davon starben, weil kein Organ für sie verfügbar war. Die neue App aus Graz könnte dazu beitragen, Organspenden in Zukunft einfacher zu machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2016)

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