Weltraumideen landen in Graz

ESA-Astronaut Thomas Pesquet beim Training. Vieles, was im All als Ausrüstung dient, hilft später auch im Alltag.
ESA-Astronaut Thomas Pesquet beim Training. Vieles, was im All als Ausrüstung dient, hilft später auch im Alltag.(c) ESA/Stephane Corvaja
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Erfindungen aus der Raumfahrt finden sich in vielen Bereichen des Lebens. Um Unternehmen bei der Aufbauarbeit zu unterstützen, gründet die ESA nun ein Inkubationszentrum in Österreich.

Solarzellen wurden einst für die Energieversorgung von Satelliten entwickelt. Die bemannte Raumfahrt half der Medizin, den menschlichen Körper besser zu verstehen. Den täglichen Wetterbericht bekommen wir, weil Satelliten pausenlos Bilder an die Erde liefern – Aufnahmen, die zugleich nach Hurrikans und anderen Naturkatastrophen Rückschlüsse auf deren Auswirkungen zulassen. Anwendungen aus der Raumfahrt finden in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens Eingang. So wie die Formel eins Testfeld für alltagstaugliche Fahrzeuge ist, werden im All Ideen ausprobiert, die irgendwann auf der Erde landen.

Um diesen Weg zu verkürzen und Start-ups dabei zu fördern, ihre Innovationen rasch und erfolgreich auf den Markt zu bringen, betreibt die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) eigene Gründerzentren. Insgesamt 14 dieser Businessinkubatoren bestehen bereits. Gestern, Freitag, wurde mit dem Business Incubation Centre (BIC) Austria in Graz das erste österreichische Zentrum eröffnet. „Wir fördern Fortschritt und Wachstum, indem wir Start-ups dabei unterstützen, neue Geschäftsmodelle auf Basis von Weltraumtechnologie und Satellitendaten zu entwickeln“, sagt ESA-Generaldirektor Jan Wörner. Denn auf diese Weise würden die europäischen Weltraumprogramme dazu beitragen, die Lebensqualität auf der Erde zu verbessern.

Graz hat sich in den vergangenen Jahren als Zentrum der Weltraumforschung etabliert: mit dem Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Forschungen an TU Graz, Uni Graz und Joanneum Research sowie Unternehmen wie Magna oder Andritz, die Bauteile für die Ariane-Trägerraketen liefern. In den kommenden vier Jahren sollen insgesamt 50 Jungunternehmen in das ESA-Gründerzentrum aufgenommen werden, 20 davon in Wiener Neustadt: Das am Science-Park Graz, dem steirischen Businessinkubator für Akademiker, angedockte BIC Austria kooperiert dazu mit dem dortigen A-plus-B-Zentrum.

Starthilfe beim Gründen

Das Angebot für die Top Ten ist attraktiv. Wer die Voraussetzungen erfüllt, erhält neben Arbeitsräumen und Businesscoachings auch eine Unterstützung von 50.000 Euro. Außerdem können die Jungunternehmer für ihre Entwicklungsarbeit auf die Daten sämtlicher ESA-Missionen zugreifen. Was braucht es also, um aufgenommen zu werden? „Eine starke Idee, einen starken Raumfahrtbezug, ein starkes Team und einen klaren Weg zu einer marktfähigen Entwicklung“, sagt Martin Mössler, Geschäftsführer des BIC Austria.

Die Bewerbungsfrist ist diese Woche abgelaufen. Am 7. Dezember verteidigen elf angehende Unternehmer ihre Geschäftsideen bei einem Hearing. Zu Jahresbeginn 2017 sollen die ersten mit ihrer Arbeit im BIC starten. Zum Zug kommen nicht alle auf einmal; gute Ideen würden aber in einer Art Pipeline weiterentwickelt.

Neugier habe die Menschen schon immer weitergebracht, aus „komischen Ideen“ würden praktische Sachen, so ESA-Chef Wörner bei der Eröffnung. Aber finden sich auch genügend angehende Unternehmer mit passenden Geschäftsideen? Geschäftsführer Mössler ist optimistisch: Von Anfang an hätten ihm Interessierte die Türen eingelaufen. Ausgewählt werden aber freilich nur die Besten. [ ESA/Philippe Sebirot]

LEXIKON

Das ESA-Gründerzentrum in Graz unterstützt angehende Unternehmer dabei, für den Gebrauch auf der Erde nutzbare Raumfahrttechnologien zu entwickeln. Insgesamt 14 dieser Business Innovation Center gibt es bereits in Europa, das Grazer Zentrum ist das erste in Österreich. Das „Weltraumministerium“ BMVIT, die ESA, die Länder Steiermark und Niederösterreich und die Stadt Graz investieren rund fünf Millionen Euro, die TU Graz stellt Infrastruktur zur Verfügung.

(Print-Ausgabe, 12.11.2016)

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