Crash! Boom! Bang! Und was ist mit der Batterie?

Tesla Model S
Tesla Model S(c) APA/dpa/Sven Hoppe (Sven Hoppe)
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Sicherheit.Was im Akku eines Elektroautos bei einem Unfall passiert, wurde noch wenig untersucht. Grazer Forscher wollen diese Lücke schließen. Und dazu beitragen, dass sich die Lebensdauer von Akkus besser abschätzen lässt.

Anfang November brannte in der Innenstadt von Indianapolis, USA, ein Tesla völlig aus. Das Fahrzeug war nach einer Kollision mit einem Baum in Flammen aufgegangen. Augenzeugen beobachteten eine Explosion, Fahrzeugteile flogen durch die Luft. Die 27-jährige Lenkerin und ihr 44 Jahre alter Beifahrer starben. Ein schauerliches Szenario, das sich – wenn auch nicht mit solch fatalem Ausgang – in jüngster Zeit wiederholt. „Ungefähr einmal pro Woche erreicht uns eine Meldung von einem brennenden Elektroauto“, sagt Hermann Steffan, Leiter des Instituts für Fahrzeugsicherheit der TU Graz.

Während öffentlich bei Elektroantrieben gern über Umweltschutz oder günstigere Preise diskutiert wird, bewegen die Unfallforscher andere Fragen: Was genau passiert mit einer Batterie, wenn sie bei einem Crash beschädigt wird? Was geht zuerst kaputt? Welche Teile müssen getauscht werden? Das wollen Maschinenbauer Steffan und sein Team in den nächsten vier Jahren in einem kürzlich genehmigten K-Projekt (siehe Lexikon) „Safe Battery“ testen.

Crashtests für die Batterie

Dazu sind auch Crashtests in der universitätseigenen Crashanlage geplant: mit ganzen Autos und mit Teilen – damit man bestimmte Aspekte genauer beobachten könne, so Steffan. Gemeinsam mit Forschern des Grazer Kompetenzzentrums „Das virtuelle Fahrzeug“ will man so auch neue Simulationswerkzeuge für die Autohersteller entwickeln: „Wir arbeiten an intelligenten Modellen, die die Phänomene vereinfachen, aber richtig abbilden“, sagt Steffan. Und auch Wissenschaftler des Instituts für Chemische Technologie von Materialien der TU Graz sind beteiligt: „Die Chemie der Batterie hat großen Einfluss auf das Kurzschlussverhalten“, erklärt Steffan.

Die Forscher untersuchen unterschiedliche Typen von Lithiumbatterien verschiedener Hersteller: zylindrische und flache im sogenannten Pouchzellenformat. Letztere hätten zwar eine höhere Energiedichte, seien aber mechanisch nicht so gut geschützt, so Steffan: „Meist nur mit einer dünnen Folie statt einer Stahlhaut.“

Das reaktionsfreudige Lithium dürfte so auch dem Samsung Galaxy Note 7 zum Verhängnis geworden sein. Die Firma musste im September 2,5 Millionen Smartphones zurückrufen, weil zahlreiche Geräte plötzlich Feuer fingen. Wo liegt der Unterschied zum Auto? „Im Prinzip funktionieren Akkus immer gleich“, sagt Steffan. Im Auto sei allerdings eine Vielzahl von Batteriezellen zusammengeschaltet und durch ein Stahlgehäuse geschützt. Dessen Gewicht zu verringern, könnte allerdings das gesamte Elektroauto leichter machen: Die Batterie sei noch immer der „Klotz“ im Fahrzeug, sie sei zu groß und auch zu schwer, so Steffan. Die Tests in seinem Labor könnten auch zeigen, wie viel Ballast sich ohne Abstriche für die Sicherheit loswerden lässt.

Hersteller sichern sich ab

In einem zweiten Schwerpunkt untersuchen die Wissenschaftler, wie Batterien – ohne Crash im Normalbetrieb – altern. Sicherheitsaspekte betreffen hier wohl eher die Hersteller: Sie wollen sich absichern. Denn wie lang ein Akku hält, ist auch eine Garantiefrage. Erkenntnisse zur Lebensdauer bringen Kunden aber immerhin ein für eine gewisse Zeit zuverlässiges Produkt.

LEXIKON

K-Projekte sind gemeinsame Forschungsinitiativen von Universitäten und Unternehmen. Rund die Hälfte der Förderungen für die stark anwendungsorientiert ausgerichtete Forschung kommt von Technologie- und Wissenschaftsministerium, der Rest von Industriepartnern. Die Unis beteiligen sich meist über sogenannte Inkind-Leistungen: etwa die Mitarbeit von Personal, das nicht über das Projekt, sondern von der Uni finanziert wird. Das Projektvolumen des kürzlich im Rahmen des Comet-Programms genehmigten Grazer Projekts „SafeBattery“ beträgt insgesamt 650.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)

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